Die Grünen im Selbstzerstörungs-Modus

By Franz Johann Morgenbesser from Vienna, Austria (IMG_8866) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Ich mache mich damit zwar nicht beliebt, aber ich muss gestehen: Ich kann den Grünen ihr Ureigenstes einfach nicht übelnehmen – ihre Naivität. Sie sind wie der kleine Sohnemann, der von Armut erfährt und nun den Vater überzeugen möchte, doch alles an die Armen zu verschenken. Dass die Welt so nicht funktioniert und dass er dann morgen ebenfalls auf der Straße sitzen würde, kümmert den Jungen in seiner Erregung nicht. Eh irgendwie lieb, solange man ihn belächelt und hofft, dass er irgendwann einmal erwachsen wird.

von Patrick Lenart

Doch leider kann man dieses Erwachsenwerden bei den Grünen nicht erkennen. Nachdem mit Kern, Kurz und Strache ein Dreikampf charismatischer Köpfe ausgebrochen ist, musste auch das Haupt der Grünen ausgetauscht werden. Das war leicht vorherzusehen und ich hatte sogar ein Bier auf den Rücktritt der parteiintern geschwächten Glawischnig gewettet (Offiziell trat sie wegen ihrer Pflichten als Mutter zurück– quasi grüner Hochverrat).

Vertane Chance: Pilz

Diese Gelegenheit hätten die Grünen als Chance zu einer Neuorientierung nutzen können. Das wäre leichter und naheliegender gewesen, als es zunächst den Anschein hat: Wären sie mit Peter Pilz in den Wahlkampf gezogen, hätten sie ihre Marke mit Kampf gegen Korruption, für Menschenrechte (ja liebe Grüne, auch Meinungsfreiheit zählt dazu) und Umweltschutz besetzen können. Dass Pilz oftmals gegen die Parteilinie fährt, wäre so zum Vorteil geworden, denn umso glaubwürdiger wäre eine Abkehr vom bisherigen Irrweg.

Denn Pilz ist ein grünes Urgestein und er hat sich nicht zuletzt als Sprecher für den Eurofighter-Untersuchungsausschuss wieder einen Namen gemacht. Er war bereits Grüner Bundessprecher, wird als „Grün-Aufdecker“ tituliert und auch an Charisma fehlt es nicht. Sein Lieblingsgegner ist zwar Strache, aber zu den Erdogan-Türken und der Flüchtlingshilfe vor Ort findet er deutliche Worte – und wenn es sinnvoll erscheint, kooperiert er auch sehr pragmatisch mit der FPÖ.

Neue Doppelspitze

Doch daraus wurde nichts. Nachdem Glawischnig „unerwartet“ zurücktrat, erklärten die Grünen im Eiltempo Ingrid Felipe zur Nachfolgerin. Sie ist zweite Landeshauptmann-Stellvertreterin in Tirol und gehört dem Realo-Flügel an: Sie koaliert dort mit der ÖVP und räumte kurzerhand den Naturschutzfonds aus, um ihre Wahlversprechen im Bereich des Verkehrs zu finanzieren. Österreichweit gesehen ist sie aber noch weitgehend unbekannt und es dürfte für die Grünen unmöglich sein, sie bis Oktober aufzubauen (nicht zuletzt wegen des angekratzten Wahlkampf-Budgets nach der VdB-Sache).

Das haben sich die Grünen wohl auch selbst gedacht und schicken statt Ingrid Felipe lieber die vergleichsweise farblose Ulrike Lunacek in den Ring. Eindeutig vom Fundi-Flügel ohne Boden unter den Füßen: Sie träumt nicht nur von der Abschaffung der Nationalstaaten, sondern bezeichnet auch die Schließung der Balkan-Route gerne mal als Fehler. Damit scheiden dann wohl fast alle Österreicher als Zielpublikum des Wahlkampfes aus. Trotzdem träumt sie von einer „progressiven Koalition“ aus SPÖ, NEOS und Grüne. Also etwas, was sich die meisten Österreicher nicht einmal im schlimmsten Traum vorstellen möchten.

Am Weg nach ganz unten

Anstatt die Partei nach dem Volk auszurichten und wie die ÖVP Fehler einzugestehen, versteifen sich die Grünen lieber auf die letzten Überreste der Willkommensklatscher. Nicht nur Lunaceks Hass auf Grenzen und Nationen ist Teil dieses Kalküls – sie ist auch die einzige Frau unter den Spitzenkandidaten und weil lesbisch, ist der grün-rote Sternchen*-Flügel sicher. (Im Übrigen sind das die Einzigen, die ihren Wunschkandidaten tatsächlich nach Geschlecht und sexueller Orientierung wählen.) 

Die Strategie dahinter ist klar: Nach dem offenen Rechtskurs der ÖVP und dem heimlichen der SPÖ, hoffen die Grünen auf ein linksradikales Vakuum. Deshalb auch ihre ständige Betonung, es sei ein „Hauptmerkmal“ der Grünen, nicht mit der FPÖ zu koalieren (Nicht ohne Seitenhieb auf SPÖ und NEOS). Lunacek sagte sogar, dass ausgerechnet das der Grund dafür war, dass sie überhaupt in die österreichische Innenpolitik zurückgekehrt sei.

Doch ihr Problem: Es ist ein Thema, das längst niemanden mehr interessiert. Was bei der Bundespräsidentschaftswahl noch funktionierte, ist bei der Nationalratswahl schlicht nicht möglich. Damals mussten sich die SPÖ- und ÖVP-Wähler für blau oder grün entscheiden. Diesmal nicht. Zusätzlich müssen sich SPÖ und ÖVP die Koalition mit der FPÖ offenhalten und können die Dämonisierung der FPÖ nicht mittragen. Die Grünen wirken deshalb eher wie ein kleines Kind, das auf den Boden stampft, weil nicht alles nach ihrer Pfeife tanzt.

Wenn nicht ein Wunder passiert, befinden sich die Grünen also auf dem besten Weg nach ganz unten. Zurecht, denn diese beharrliche Weigerung, den Kurs zu korrigieren, gehört mit aller Härte abgestraft.

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