Trotz Bombenhagel blieb er seinem Land treu!

Misa Djurkovi
Foto Misa Djurkovic: Info-DIRETK, Foto HG: CC0; Fotokomposition: Info-DIREKT

Vor 18 Jahren begann die NATO in der “Operation Allied Force” damit, Serbien zu bombardieren. Im Gespräch mit Info-DIREKT wirft Misa Djurkovic einen Blick in die Vergangenheit und die Auswirkung dieser Handlungen auf die Gegenwart und die Zukunft Serbiens, die im Spannungsfeld zwischen NATO, Russland und Islam liegt. 

Info-DIREKT: Herr Djurkovic, können Sie uns zu Beginn bitte ihre persönlichen Erinnerungen an die Bombardierung im Jahr 1999 schildern?

Misa Djurkovic: Die Bombardierung war ein entscheidender Moment im Leben der meisten Bürger. Nachdem man so etwas miterlebt hat, ist es schwer die Welt wieder mit den selben Augen zu betrachten. Die einfache Bevölkerung und vor allem jene, die all ihre Hoffnungen in die europäischen Werte gesetzt hatten, fühlten sich verraten. Zudem gingen die Menschen jeden Abend mit viel Angst um sich selbst und ihre Kinder zu Bett. Viele von uns wurden rekrutiert oder hatten einige nahe Verwandte bei der Armee. Mein Vater verbrachte drei Monate im Süden des Kosovos nachdem er rekrutiert wurde. Fast 2.000 Menschen verloren ihr Leben während der Auseinandersetzung unter anderem auch während der Kriegsverbrechen bei der Bombardierung der Varvarin Brücke, des D 393 Schnellzuges bei Grdelica und zahlreicher Krankenhäuser.

DIREKT: Wie wurde die Bombardierung Serbiens offiziell gerechtfertigt?

Djurkovic: Die Bombardierung wurde mindestens zwei Jahre zuvor geplant. Die NATO-Staaten und ihre Geheimdienste rüsteten zuerst die albanische Minderheit auf und brachte sie dann dazu im Süden des Kosovos und Metohija Anschläge und Krawalle zu verüben. Als die serbischen Sicherheitskräfte begannen im Sommer 1998 einzugreifen, wurde das erste Mal, vor allem von Seiten der Amerikaner, mit Bombardierungen gedroht. Der damalige Präsident Slobodan Milošević willigte ein, die Offensive zu stoppen und akzeptierte eine Verifizierungsmission der OSZE (Anm. Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), die durch den ehemaligen CIA-Angehörigen William Walker durchgeführt wurde. Sie kamen ins Land, um de facto logistische Vorbereitungen für die Bombardierungen zu treffen, indem sie militärische Daten sammelten und weitere Spionagetätigkeiten durchführten. Sie arrangierten den Račak-Zwischenfall, woraufhin die NATO das Rambouillet-Ultimatum initierte, dessen Nichtunterzeichnung als Begründung für die spätere Bombadierung benutzt wurde. Angeblich handelte es sich dabei um eine humanitäre Intervention zum Schutz der albanischen Minderheit.

DIREKT: Welche Interessen verfolgte die NATO mit der Bombardierung Serbiens wirklich? Was hatte der Westen davon, Serbien zu bombardieren?

Djurkovic: Da gibt es mehrere Gründe. Erstens ging es dabei darum, den geopolitischen Einflussbereich Serbiens zu verringern, da das Land das Einzige war, welches sich der neuen Weltordnung im Balkan widersetzte und nicht der NATO beitreten oder gewissen Banken Zutritt verschaffen wollte. Deshalb musste Serbien bestraft werden. Zweitens befürchtete man, dass die Serben Russland wieder Zutritt zum Balkan verschaffen würden. Der dritte Grund für die Bombardierung war die Stärkung des NATO-Bündnisses anlässlich ihres 50-Jährigen Bestehens. Sie wollten dabei Groß-Albanien stärken, um wieder mehr Einfluss im Balkan zu erlangen. Heute unterhält die NATO einen ihrer wichtigsten Militärstützpunkte in Bondstil im Kosovo. Mit unter auch ein Grund für den Angriff war der kosovarische Reichtum an Bodenschätzen. Es gibt zahlreiche Metall- sowie Molybdän-Vorkommen (Anm. Übergangsmetall, das zur Härtung von Stahl verwendet wird). Westliche Unternehmen und Konzerne kontrollieren jetzt den Abbau dieser Bodenschätze.

DIREKT: Hat sich die NATO in Serbien nur „warmgebombt“ für Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien, etc? Hätten die weiteren Kriege verhindert werden können, wenn man die NATO damals gestoppt hätte?

Djurkovic: Zu dieser Zeit wäre niemand stark genug gewesen, um die NATO aufzuhalten. Amerika dominierte die Welt und hatte auch einen großen Teil Russlands unter Kontrolle. Nach ihrem Angriff, welcher ohne Genehmigung des UN-Sicherheitsrates stattgefunden hatte, fuhren sie weiter fort und demonstrierten ihre Macht in Afghanistan, dem Irak und vor kurzem auch in Libyen. Das Jahr 1999 war auch für den Rest der Welt von äußerster Bedeutung. Bei der Bombardierung Belgrads wurde auch die chinesische Botschaft getroffen, was zur Folge hatte, dass auch die Chinesen begannen, sich militärisch vorzubereiten, für den Fall, dass gegen sie ähnliche Angriffe gestartet werden. Die größte Lektion erfuhr jedoch Russland. Die Russen verstanden, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein würde, bis die NATO direkt an der russischen Grenze käme, um auch sie zu bedrängen. Daraufhin wurde Wladimir Putin zum Staatschef, welcher sofort Gegenmaßnahmen einleitete, um das Land vor zukünftigen Konflikten mit der NATO zu schützen. Es zeigt sich auch heute klar, dass die NATO nicht daran denkt, ihre Kriege zu stoppen.

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  • Was man heute in Serbien noch vom NATO-Einsatz spürt?
  • Ob die NATO-Bomben den Frieden für Serbien gebracht haben?
  • Wie es mit Serbien im Spannungsfeld zwischen NATO, Russland und dem Islam weitergehen wird?
  • Was denken die Serben über Russland?

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