Wien: SPÖ-Ludwig mimt den patriotischen Wirtschaftsliberalen

Wie das neue Plakat eigentlich aussehen sollte © Info Direkt FL

Vergangenen ersten Mai fand die symbolische Übergabe statt: Der designierte Wiener Bürgermeister, Michael Ludwig, verabschiedete seinen Vorgänger mit einem Blumenstrauß aus dem Amt. Mit Spannung wurde erwartet, welche inhaltlichen Akzente er setzen würde. Die erste Kampagne kommt nun für viele überraschend: Ludwig plakatiert Heimat und Wachstum.

Im Idealfall läuft die Sache so, dass ein Politiker eine authentische Überzeugung hat. Dann überlegt er, wie seine Standpunkte pointiert auf ein Plakat übertragen werden können. Inzwischen ist das anders. Heute werden PR-Agenturen mit Wahlkämpfen betraut. Die SPÖ etwa greift des Öfteren auf die Dienste von „The Skills Group“ zurück, die sonst auch für „Maggi“, „Nespresso“ und die Deutsche Bank Werbung macht.

Gutes Marketing bewegt Welten

Man kann Gummibären in die Form von Obst pressen und mit dem Slogan „Vitamine und Naschen“ veredeln („Nimm 2“). Schon vergessen Eltern wie Kinder, dass es sich um Zuckersirup mit Gelatine handelt. Ein Politiker beauftragt eine PR-Agentur, um bei Wählern zu punkten. Ist eine entsprechende Nachfrage vorhanden, dann wird er als heimatverbundener Wirtschaftsliberaler inszeniert. Und schon vergessen Wähler wie Kinder, dass es sich um einen Sozialdemokraten handelt. Zumindest wenn der Plan aufgeht.

Was ist Heimat?

Dass nach dem grünen Van der Bellen nun auch der rote Ludwig den Heimatbegriff für sich beansprucht, ist so unterhaltsam wie zynisch. Was Heimat ist, lässt sich nicht mit naturwissenschaftlicher Präzision beantworten. Es gibt keine Formel, anhand derer das wie der Flächeninhalt eines Quadrates zu ermitteln wäre. Heimat ist etwas Emotionales, ein Gefühl.

Menschen sind soziale Wesen…

…die sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen wollen. Das wird ihnen genommen, wenn sie sich in einer Gegend, in der sie vielleicht aufgewachsen sind, als Fremde fühlen. Wenn sie etwa die Sprache ihrer Mitmenschen immer seltener verstehen. Oder wenn sie die Schilder auf der Straße nicht mehr lesen können und die Gerüche in den Restaurants ihnen unbekannt sind. Wenn sie die Gesichter und die Kleidung anderer Leute als ebenso fremd empfinden wie die Musik, die aus offenen Autos tönt. Dann wird Menschen das Gefühl genommen, Teil der Gesellschaft zu sein, in die sie hineingeboren wurden. Deswegen ziehen übrigens auch Migranten nach Möglichkeit dorthin, wo es schon eine starke Community aus ihrem Herkunftsland gibt: Sie wollen unter sich sein. Sie heiraten untereinander, sehen ihre eigenen Fernsehsender, frequentieren ihre eigenen Supermärkte und beten in ihren eigenen Gotteshäusern.

Heuchelei der Gutmenschen

An der Entstehung dieser Parallelgesellschaften ist die rot-grüne Ideologie des Multikulturalismus als hauptverantwortlich anzusehen. Dass dieses Lager nun versucht, einen Begriff zu vereinnahmen, dessen Bedeutung es zerstört hat, ist zynische Heuchelei. Als würde der „Kannibale von Rotenburg“ den Veganismus propagieren. Hoffentlich gibt es bald Neuwahlen in Wien. Dann kann der Wähler kundtun, was er von diesem Theater hält.

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