Migrationsforscher und Ökonom kritisiert Angela Merkel

Paul Collier
Africa Congress Panel, Paul Collier, Professor of Public Policy, Oxford University’s Blavatnik School of Government and Caroline Kende-Robb, Executive Director of the Africa Progress Panel (CC BY 2.0), via Flickr

Der Migrationsforscher Paul Collier zählt zu den prominenten Kritiker der europäischen Migrationspolitik. In einem exklusiven Interview mit der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ macht er Angela Merkel für die daraus resultierenden Probleme verantwortlich.

Der renommierte Migrationsforscher und Ökonom Paul Collier zählt zu den meistgefragten Experten seines Faches. Im Jahr 2014 veröffentlichte er das Buch „Exodus: Warum wir Einwanderung neu regeln müssen“, in dem er auf die Unvereinbarkeit von offenen Grenzen und Sozialstaat hinweist. Der Direktor des Zentrums für afrikanische Ökonomien zeigt darin auch auf, dass die Massenmigration nicht nur den Aufnahmeländern, sondern auch den Herkunftsländern enormen Schaden zufügt.

Merkel Schuld an der Flüchtlingskrise

In einem exklusiven Interview mit der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ kritisiert er nun die europäische Migrationspolitik und macht die deutsche Kanzlerin Angela Merkel maßgeblich dafür verantwortlich: „Ich verstehe bis heute nicht, warum Frau Merkel so gehandelt hat. Sie hat Deutschland und Europa damit definitiv ein gewaltiges Problem aufgebürdet, das sich nun auch nicht mehr so einfach lösen lässt.“ Den Einwand, dass Deutschland damit eine humanitäre Pflicht erfüllt habe, lässt er nicht gelten.

So sei Deutschland vielmehr dafür verantwortlich, den klaren Unterschied zwischen „Flüchtlingen“ und „Migranten“ verwischt zu haben und Menschen durch offene Grenzen angelockt zu haben. „All diese Menschen, die zu Ihnen kommen, haben sich aus sicheren Drittstaaten auf den Weg gemacht. Deutschland hat keinen einzigen Syrer vor dem Tod gerettet. Im Gegenteil: Deutschland hat trotz bester Absichten eher Tote auf dem Gewissen.“

Nur Hilfe vor Ort kann nachhaltige Lösung bringen

Im Interview plädiert Paul Collier zudem für eine vermehrte Hilfe für Ort, die für ihn die einzige nachhaltige Lösung für das Problem der Massenmigration darstellt. Er fordert eine finanzielle Unterstützung für die angrenzenden Länder und die Einrichtung von sogenannten „Wirtschaftszonen“. Den Menschen in den Flüchtlingslagern in Jordanien, der Türkei und in Libanon zu helfen sei zwar eine Pflicht, aber „deshalb haben sie [die Flüchtlinge] noch lange keinen Anspruch auf einen Platz im europäischen Wohlstandshimmel.“

Der EU beziehungsweise den europäischen Staaten gesteht er zu, ihre Grenzen notfalls auch mit Zäunen zu sichern: „Die Europäische Union ist nicht zuständig für die Aufnahme der Flüchtlinge. Es ist aber sehr wohl zuständig dafür, seine eigenen Grenzen zu sichern, entweder gemeinschaftlich oder, wenn das nicht geht, dann eben jeder Einzelstaat für sich.“ Auf den Einwand, dass Schengen damit außer Kraft gesetzt sei, antwortet er lapidar: „Schengen ist doch längst tot. Und wissen Sie was: Das macht auch nichts.“

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