Innenminister Sobotka will Demo-Verbote erleichtern

By Michael Kranewitter (Own work) [CC BY-SA 3.0 at], via Wikimedia Commons

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sorgt mit seinem neuen Vorstoß für viel Unmut bei SPÖ und Grüne. In Zukunft sollen Demonstrationen untersagt werden können, wenn zum Beispiel Geschäftsinteressen bedroht sind. Zudem sollen „Versammlungsleiter“ künftig für entstandene Schäden selbst haften.

In der Vergangenheit sorgten Krawalldemos wie jene gegen den Wiener Akademikerball immer wieder für Aufregung. Auch nach den Demonstrationen tausender Türken in Österreich gegen den Militärputsch in der Türkei im vorigen Juli kam es zu Diskussionen. Innenminister Sobotka hatte damals umgehend eine Prüfung des Versammlungsrechts angekündigt.

Sobotka will in Demonstrationsfreiheit eingreifen

Der neue Vorschlag Sobotkas sieht vor, dass die Behörden per Verordnung ein Demonstrationsverbot  an bestimmten Orten erlassen können, wenn „berechtigte Interessen“ verletzt werden würden. Sollten etwa Geschäfte wirtschaftliche Einbußen fürchten müssen oder starke Verkehrsbehinderungen drohen, könnte das Innenministerium in Zukunft in die Demonstrationsfreiheit eingreifen.

Versammlungsleiter haftet für Schäden

Da es beispielsweise im Zuge von „antifaschistischen“ Demonstrationen immer wieder zu massiven Ausschreitungen und Sachbeschädigungen kommt, fordert Sobotka noch eine weitere Neuerung im Versammlungsrecht. In Zukunft soll der „Versammlungsleiter“ dafür zivilrechtlich selbst haften, wenn er nicht deeskalierend wirkt.

„Wir möchten diejenigen, die die Demo anmelden, in die Pflicht nehmen können. Wenn der Versammlungsleiter alles unternimmt, was in seinen Möglichkeiten steht, deeskalierend zu wirken, muss er nicht für die Sachschäden haften. Macht er es nicht, muss er haften“,

erklärt der Innenminister im Gespräch mit dem „Kurier“. Sollte kein Versammlungsleiter bekannt gegeben werden – etwa bei „Spontandemos“ -, muss der Behördenvertreter feststellen, wer die Demo leitet.

150 Meter Abstand für Gegendemos

Vorgehen möchte der Innenminister auch gegen sogenannte „Spaßdemos“  – womit vermutlich Veranstaltungen wie die „Bademantel-Demo“ gemeint sind. Außerdem sollen Gegendemonstrationen künftig einen Mindestabstand von 150 Metern aufweisen: „Die 150 Meter Abstand sind wichtig, damit niemand von Steinen oder bengalischen Feuern getroffen werden kann“, zitiert der „Kurier“ Innenminister Sobotka. Erst letztes Jahr musste ein Teilnehmer der Identitären-Demo in Wien nach einem Steinwurf von Antifa-Extremisten im Krankenhaus notoperiert werden.

Weiters soll die Anmeldefrist von Kundgebungen von 24 auf 72 Stunden erhöht werden, damit sich die Behörden „polizeilich besser einstellen können“, so Sobotka.

Verfassungsrechtliche Bedenken bei SPÖ und Grüne

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer nennt die Vorschläge Sobotkas „absurd“. Er glaube nicht, dass Geschäftsinteressen ausreichen würden, um eine Kundgebung zu verbieten. Bezüglich der Untersagung von „Spaßdemos“ fragt Mayer: „Wer definiert, was Spaß ist und was nicht?“

Kritik kommt vor allem aus Reihen des Regierungspartners SPÖ. „In der Demokratie ist Versammlungsfreiheit ein hohes Gut. Damit spielt man nicht“, meint SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler. Ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken hat Wiens SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch: „Da ich davon ausgehe, dass der Innenminister mit der Verfassung vertraut ist, bin ich gespannt, wie er seine Vorschläge mit der Verfassung vereinbaren will.“

Der Verfassungssprecher der Grünen, Albert Steinhauser, fühlt sich beim Vorstoß des Innenministers an Erdogan erinnert: „Innenminister Sobotka hat keinen Respekt vor der Verfassung und ihren Grundrechten. Derartige Vorstöße erinnern an die politische Vorgehensweise des türkischen Staatspräsidenten Erdogan“ meinte er in einer Aussendung. Zudem befürchtet Steinhauser, dass niemand mehr das Risiko eingehen werde, eine Demonstration auf die Beine zu stellen, wenn er für eventuelle Sachbeschädigungen anderer haftbar gemacht werden könne.

Lob bekommt Sobotka hingegen aus seiner eigenen Partei. „Sobotka hat das Problem erkannt und die richtigen Schlüsse aus der explodierenden Demoflut in Wien gezogen“, so Wiens ÖVP-Landesparteiobmann Gernot Blümel.

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