Das Problem heißt nicht Erdogan

Erdogan
Er ist nicht das Problem.

Seit Tagen ist das bestimmende Thema der österreichischen Politik das Auftreten von Erdogans AKP. Doch die Regierung kann den Schwarzen Peter nicht einfach zu Erdogan schieben. Denn das Problem ist nicht ein Erdogan in Österreich, sondern Massen von Menschen, die sich in erster Linie der Türkei verpflichtet fühlen.

Kommentar von Patrick Lenart

„Wir brauchen eine Willkommenskultur“ (15.5.2014), „Wir haben zu wenig Willkommenskultur“ (12.11.2014), „Der Islam gehört zu Österreich“ (23.1.2015), „Der Islam ist Teil von Europa“ (28.3.2015) – so klang selbst der „Hardliner“ der österreichischen Zuwanderungspolitik, Sebastian Kurz, noch vor nicht allzu langer Zeit. Von den anderen möchte ich überhaupt nicht sprechen, die jetzt die Auftritte von Erdogans AKP verbieten wollen.

Verfehlte Zuwanderungspolitik

Sehen wir uns zunächst an, was die Folge der oben zitierten Migrationspolitik war: von 112 türkischen Staatsbürgern im Jahr 1951 sind wir heute bei 114.740 angekommen. Insgesamt haben 262.800 Menschen in Österreich einen türkischen Migrationshintergrund. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung stark steigend: Und zwar nicht aufgrund der Migration (2015 sind nur 600 Türken mehr zugewandert als abgewandert), sondern aufgrund einer Geburtenrate von 2,44, während die Österreicher bei 1,2 – 1,3 herumkrebsen.

Die Folgen hätte jedes Kind erahnen können: Massenzuwanderung macht Integration und erst recht Assimilation unmöglich. Es entstehen Parallelgesellschaften und soziale Konflikte anhand einer ethnischen Bruchlinie: Geringe Erwerbsquote, häufige Armut, Gefühl der Benachteiligung, schlechtes Bildungsniveau, schlecht bezahlte Arbeiten, höhere Kriminalität uvm. Unzufriedenheit und eine starke Verbundenheit mit dem Herkunftsland sind die Folge. Es muss sich also niemand wundern, dass sich 69,3 Prozent in erster Linie der Türkei verpflichtet fühlen.

Was zu tun wäre

Doch das ist nicht alles: Es kommt weiter zu einer „Selbstethnisierung“ und Abgrenzung gegenüber der Aufnahmegesellschaft und umgekehrt eine „neofeudalen Absetzung“ von Seiten der Österreicher. Denn niedrige Erwerbsquote und hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Deutschkenntnisse und kulturelle Fremdheit sind eben nicht gerade die besten Voraussetzungen, um gesellschaftliche Anerkennung zu finden. Die Politik hat erfolgreich einen ethnischen Konflikt geschaffen, der unter den gegenwärtigen Bedingungen unlösbar ist.

An diesem Wahnsinn hat weder Erdogan, noch ein einzelner Türke oder Österreicher, noch der Islam Schuld. Es ist die Schuld einer jahrzehntelangen Fehlpolitik. Was könnte aber ein anderes Ziel der Politik sein, als deren Folge, nämlich die türkische Parallelgesellschaft, abzubauen? Das wiederum würde zwei Dinge voraussetzen: Remigration und Leitkultur. Die Durchsetzung der österreichischen Leitkultur besagt eines: Wir leben hier in Österreich und hier gilt ausnahmslos die österreichische Kultur. Wer gerne in einem islamischen oder türkischen Land leben möchte, der weiß, wo er eines findet. Jedenfalls nicht hier.

Remigration besagt, dass der Wanderungssaldo ins Negative gekehrt wird. Es ist interessant, dass 53,5 Prozent der „Austrotürken“ Österreich sofort verlassen würden und weitere 39,8 Prozent nur eine finanzielle Abfindung wollen, wenn sie sich zurück in die Türkei begeben sollen. Angesichts der niedrigen Erwerbsquote und hohen Arbeitslosigkeit ein gutes Geschäft für Österreich. Während es sich dabei um eine Förderung der freiwilligen Rückkehr handelt, müssten Islamisten und Schwerkriminelle innerhalb kurzer Zeit konsequent außer Landes gebracht werden. Die mittelfristige Folge: Die mit Österreich innerlich verbundene Gruppe würde in Österreich verbleiben und sich zumindest integrieren. Echtes Miteinander unter dem Ideal der Assimilationspolitik („Österreich ist das Land der Österreicher“) statt ein faktisches Gegeneinander unter dem Ideal des Multikulturalismus.

Was stattdessen getan wird

Anstatt diese längst überfällige Debatte zu führen, arbeitet sich die Regierung gegenwärtig an einem vollkommen nebensächlichen Punkt ab. Ja, dieser muss ins öffentliche Bewusstsein kommen, aber nicht zum Preis der Ablenkung von den eigentlichen Ursachen. Es ist halt schlicht nicht wieder Friede-Freude-Eierkuchen, wenn Erdogan die strukturellen Probleme nicht sichtbar macht.

Dass sich die Türken in Österreich nämlich vor allem für die türkische Politik interessieren, ist nicht die Ursache, sondern die Folge einer verfehlten Politik. Dass vor allem die islamistische AKP Zuspruch findet, ebenso. Man könnte hier auch mal die Frage aufwerfen, warum die „Austrotürken“ in der Türkei einen starken Erdogan wollen und in Österreich einen Selbstaufgabe-Häupl.

Man sollte dabei niemals vergessen, was Erdogan schon 1988 gesagt hat: „Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.“

Unseren Politikern sei deshalb gesagt: Beseitigt die Ursache der Probleme und quasselt nicht ständig über deren immer wiederkehrende Folgen. Ihr und nicht Erdogan habt ein Problem in Österreich geschaffen. Jetzt schiebt den Schwarzen Peter nicht zu Erdogan, sondern seid ehrlich genug, um eure Fehler offen auszusprechen und die notwendige Kehrtwende in der Migrationspolitik zu vollziehen.

 

Patrick Lenart ist Leiter der Identitären Bewegung Österreich, Philosoph, Aktivist und bloggt auf www.patrick-lenart.eu

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