Von der Schwierigkeit, Wahlversprechen zu halten

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Die Enttäuschung war groß, die Ernüchterung auch und außerdem hatten es je sowieso alle schon immer gewusst: Donald Trump hält als Präsident nicht das, was er versprochen hat. Die Diagnose ist nicht neu und doch sind die Bürger immer wieder enttäuscht, wenn Politiker ihre Vorwahlversprechen nicht einhalten. Getreu dem geflügelten Wort des deutschen Alt-Kanzlers Adenauer: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“

Von Jan Ackermeier

Was die Angelegenheit im Falle des neuen US-Präsidenten so enttäuschend gestaltet, ist die Tatsache, dass er sich als Kandidat gegen das Establishment inszeniert hat und nun in der politischen Realität angekommen ist. Was aber nach gebrochenen Wahlversprechen immer gilt, ist die Erkenntnis, dass die Politikverdrossenheit und der Glaubwürdigkeitsverlust der Politik munter weiter geht. Politik in der heutigen – über soziale Netzwerke verbundenen – dauerempörten Erregungsgesellschaft ist ganz wesentlich von der Glaubwürdigkeit der entsprechenden Politiker- und Parteimarke abhängig.

Wahlprogramme und Politbasar

Ohne jeglichen Zynismus und mit einer gehörigen Abwesenheit von Idealismus könnte der moderne Politikbetrieb in der parlamentarischen Demokratie in gewisser Hinsicht mit dem Wirtschaftssystem verglichen werden. Die kommunikative Trennlinie im gegenwärtigen politischen System verläuft entlang des Gegensatzes „Regierung vs. Opposition“. Es geht also vor allem um den werbewirksamen Verkauf eines Produktes „Wahlprogramm“ ohne Garantie und Gewährleistungsrecht für den Wähler als Konsumenten.

Die Währung für die verschiedenen Bewerber sind die Wählerstimmen; Glaubwürdigkeit bestimmt die Kreditwürdigkeit. Die „Firma“, die die Nase vorn hat, sich also bei erfolgreicher Lukrierung von genügend Wählerstimmen im politischen Gestaltungsraum, der Regierung, befindet, ist vor allem bestrebt, dort zu bleiben. In diesem marktähnlichen Gebilde sind echter politischer Gestaltungswille und umsetzen der vermittelten Werbebotschaft für viele politische Kräfte nur hinderlich.

Der Politbasar spekuliert – und nicht ohne Erfolg – immer wieder auf die Vergesslichkeit des Konsumenten, in diesem Falle des Wählers. Jede politische Kraft, die von den Automatismen dieses Meinungsmarktes abweicht und tatsächlich die Umsetzung von Maßnahmen vorantreibt, wird mit Vehemenz bis aufs Blut bekämpft. Politik als Mechanismus zur Organisation einer Gesellschaft verkommt zur reinen Symbolik und zum Verkauf eines Gefühlscocktails.

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