Selbstauflösung der Grünen auch in Tirol?

Symbolbild, by James Cridland, via Flickr (CC BY 2.0)

Seit der Angelobung ihrer Galionsfigur Alexander van der Bellen in das höchste Amt im Staat bleibt bei den Grünen kein Stein auf dem anderen. In einer hausgemachten Pleiten- und Pannenserie nach dem Motto ‚Feind, Erzfeind, Parteifreund‘ schaffte es die einstige Sammelpartei aller Gutmenschen, ihre Stimmenanteile zu dritteln, und verpasste nach 31 Jahren den Einzug in den Nationalrat. Nun verdichten sich die Anzeichen, dass dieses ‚Erfolgsmodell‘ auch in Tirol um sich greift.

Kommentar von Julian P. Eschentharrn

Eigentlich war es eine ausgemachte Sache – in ihrer Hochburg Innsbruck sah eine Sonntagsfrage im November 2016 die Grünen in der Wählergunst jenseits der 30%. Unaufhaltsam schienen sie nach einer Urabstimmung im Mai: Die Parteibasis hatte den über die Parteigrenzen beliebten und für grüne Verhältnisse als konservativ geltenden ehemaligen Landessprecher Georg Willi zum Bürgermeisterkandidaten erkoren und ihm die Sympathieträger beinahe aller Strömungen und Vorfeldorganisationen seiner Partei zur Seite gestellt. Schlagen konnten sie sich freilich nur mehr selbst – aber wie immer in diesem Jahr ist darauf Verlass. Bekanntlich betätigte sich die Bundespartei als Trittbrettfahrer im #metoo-Dschungel und brachte das ehemalige grüne Urgestein Peter Pilz in Erklärungsnot.

Nun hat auch Tirol seinen grünen Belästigungsfall: Die Mehrheit der grünen Gemeinderatsfraktion ist bei der Besetzung des neuen Wahlvorschlags großteils leer ausgegangen. Nun warfen just die scheidenden Gemeinderäte den Initiator der Willi-Kandidatur aus dem Klub. Es handelt sich um den aus einer türkisch-kurdischen Migrantenfamilie stammenden Mesut Onay. Der Vorwurf? Er soll im Jahr 2005 einer Bekannten zu nahe gekommen sein. Dieser beteuert nun, er sei mit den Vorwürfen stets offen umgegangen und sieht sich als Opfer einer Intrige. Seine Schulfreundin Felipe, am kürzesten dienende Grünen-Bundessprecherin aller Zeiten, zeigt mangelndes Geschick als Mediatorin und richtet aus, sie wünsche „keine Debatte über Interna.

Der gefallene ‚KulturGuerilla‘ Onay

Immerhin galt der sich auf seinem Twitter-Profil selbst als ‚KulturGuerilla‘ bezeichnende Versicherungsmakler Onay als eierlegende Wollmilchsau des verabschiedeten Wahlvorschlags: Ohnehin ein Garant für Wählerstimmen aus Migrantenkreisen im Sinne der ethnischen Wahl, war er auch Hoffnungsträger des militanten Außenflügels der Partei. So trat er bei den gewalttätigen Ausschreitungen am Brenner im April 2016 als Initiator der Veranstaltung für offene Grenzen auf und solidarisierte sich auch nach den Antifa-Randalen beim G20-Gipfel im Hamburg mit den Krawallbrüdern.

Heimatverbundenen Tirolern ist er für seine infam gewordene Störaktion bei einer Demonstration gegen eine Traglufthalle zur Unterbringung von Asylwerbern in Innsbruck/Neu-Arzl in Erinnerung geblieben. Dabei versuchte er eine Abordnung der Identitären Bewegung Tirol fälschlich in ein gewalttätiges Eck zu stellen. Lauthals forderte er ihre Entfernung von der Veranstaltung. Anschließend inszenierte er sich in einer vielbeachteten medialen Schmutzkübel-Kampagne als Opfer. Nun hat ihn ein Schluck seiner eigenen Medizin ereilt. Denkbar ist angesichts seiner Beliebtheit in erwähnten Kreisen aber ein allfälliges Antreten mit einer eigenen Liste – durchaus mit Erfolgschancen auf Kosten seiner Ex-Kollegen.

Farce um Traglufthallen – dahinter die Sintflut

Apropos Traglufthallen: Derzeit gerät die für die Migrantenunterbringung zuständige grüne Landesrätin Christine Baur unter Beschuss. Die im Volksmund wenig schmeichelhaft als ‚Asylanten-Tanten‘ verrufene Politikerin ließ einst fünf Traglufthallen á 250 Insassen um läppische 6,6 Mio. Euro ankaufen. Dies geschah im Namen der landesnahen Betreiberfirma „Tiroler Soziale Dienste“ (TSD) – eine Fehlinvestition. Nur eine der Hallen ging in Betrieb, eine weitere wurde aufgestellt und niemals besiedelt. Letztere verursacht für Instandhaltung und Bewachung dabei laufende Kosten. Die übrigen drei wurden überhaupt gleich eingelagert und vor kurzem vom Land zurück gekauft. Man wolle diese anschließend humanitären Zwecken überlassen. Der Steuerzahler öffnet hierfür freilich seine Geldbörse doppelt.

Die schiefe Optik und die nunmehr auf über 7 Mio. Euro angewachsenen Kosten haben nicht zuletzt den Landesrechnungshof auf den Plan gerufen. Dieser kritisert die Gebaren der TSD und deren Reaktion auf die veränderten Schwerpunkte der Migrationskrise scharf. LR Baur ist dabei aber der Ansicht, das Aufkehren ihres Scherbenhaufens obliege einem anderen Hausmeister: Sie habe ihr politisches Engagement auf zehn Jahre ausgelegt, diese seien nun vorüber. Verantwortungsbewusstsein? Fehlanzeige.

Nur die Spitze des Eisberges?

Abzuwarten bleibt also ob die Grünen auch in ihrem Kernland Tirol im Begriff sind, in ihre Bestandteile zu zerschellen. Noch ist beispielsweise das Ausmaß der Sexskandale nicht abzusehen. So hat etwa die aus Rum stammende ausgeschiedene NR-Abgeordnete und ehemalige ÖH-Chefin Sigrid Mauer erst kürzlich verlautbaren lassen, sie habe selbst bereits Belästigung erfahren müssen. Egal ob sich in diesem speziellen Fall irgendwann herausstellen sollte, dass es sich um einen externen oder internen Täter handelte. Erst die kommenden Wochen werden zeigen, ob es sich bei den Causae Pilz & Onay um bedauerliche Einzelfälle zur Unzeit handelt – oder ob bei den Grünen unter dem Deckmantel des sexuellen Freimuts ein systematisches Netzwerk an Sittenstrolchen geduldet wurde.

Als Randnotiz zu erwähnen: Frau Maurer steht auch so sinnbildlich für den Abstieg der Grünen. Nach einer Bilderbuchkarriere in allen Gremien der Partei stellte sie im Sommer die Existenz einer eigenständigen österreichischen Kultur infrage. Das führte dazu, dass sie und ihre Partei für solche Aussagen vom Wähler gebührend abgestraft wurden. Zur überfälligen Reflexion führte es nicht. Vielmehr stellte sie zum Abschied ihr Demokratieverständnis zur Schau: Sie zeigte dem Wähler noch einmal kräftig den Mittelfinger.  Stil kann man dann wohl doch nicht kaufen und ist auch nicht das Ende des Besens.

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2 Kommentare

  1. Gut an den Gutmenschen ist vor allem der Anschein den sie sich geben mögen. Die Wirklichkeit folgt dem nicht immer so ganz…

  2. „Egal ob sich in diesem speziellen Fall irgendwann herausstellen sollte, dass es sich um einen externen oder internen Täter handelte.“

    Wieso Täter? Es kann sich genauso gut um eine TäterIN handeln. Frauen sind gleichberechtigt und emanzipiert.

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