Rüstung & Information: Schweden bereitet die Bevölkerung auf Krieg vor

Symbolbild: By 1GNC Münster (POLEN - NRF/IRF- VJTF) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

Politiker, die vor Bürgerkrieg warnen oder das Wort „Krieg“ auch nur benutzen, werden in der veröffentlichten Meinung zumeist scharf angegriffen. Die schwedische Zivilverteidigungsbehörde indes hat jüngst eine Infobroschüre zur Vorbereitung auf einen Kriegsfall neu aufgelegt. Sehen die Schweden wirklich eine Kriegsgefahr?

Von Jan Ackermeier

September 2016. Die Empörung in der veröffentlichten Meinung war groß, als der freiheitliche Landesrat Elmar Podgorschek in einem Interview sagte:

„Die Flüchtlinge haben eine Religion, die mitunter das Archaischste ist, was man sich vorstellen kann. Wenn ich an die nächste oder übernächste Generation denke, da sind ja Bürgerkriege vorprogrammiert.“

Vor allem von linksliberaler Seite kam der Vorwurf der „Kriegsrhetorik“. Dass der freiheitliche Landesrat nicht allein mit seiner Sorge ist, zeigen jedoch zahlreiche Studien. Weit bekannt etwa ist eine Einschätzung der amerikanischen CIA aus dem Jahr 2008. Die US-Behörde geht davon aus, dass in Mitteleuropa „um das Jahr 2020“ Bürgerkriegsszenarien denkbar sind.

„Kriegsgefahr so groß wie seit Langem nicht mehr“

Die Angst der Schweden – und damit die aktualisierte Infobroschüre – bezieht sich jedoch nicht auf solche Bürgerkriegsgefahren. Sie bezieht sich auf Unsicherheiten im Bezug auf das Verhalten Russlands.

Svante Werger, Informationschef der Ziviliverteidigungsbehörde, sagte gegenüber den Medien, dass angesichts merklicher Spannungen im nordischen und baltischen Raum mit Russland der Auftrag zur Aktualisierung der Broschüre ergangen sei. Seit 1991 wurde die Broschüre nicht mehr neu aufgelegt und seit dem Jahr 2000 seien auch die Planungen für einen Kriegsfall in Schweden inexistent gewesen, wie Werner weiter sagte.

Vor allem der Krieg in der Ukraine, aber auch das offensive Auftreten des russischen Militärs im baltischen Raum, haben alle nordischen Staaten in Unruhe versetzt. Traditionell und aus Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit sind sowohl die nordischen als auch die baltischen Staaten gegenüber Russland kritisch eingestellt und beobachten dessen außenpolitisches Verhalten mit Argusaugen. Auf einer Pressekonferenz zeigte sich Werner überzeugt:

„Die Kriegsgefahr ist so groß, wie schon lange nicht mehr.“

Fake News und Terroranschläge

Doch nicht nur die Angst vor echten oder vermeintlichen russischen Expansionsgelüsten bewegte die Schweden zu neuem Nachdenken über ihre Verteidigungsstrategie, sondern auch die zunehmende Terrorgefahr in Europa. So wird die Broschüre nicht nur um Terrorszenarien erweitert, sondern auch um den Umgang mit Fake News.

Schweden hatte nach dem Ende des Kalten Krieges seine Streitkräfte – wie viele andere Staaten in Europa – zu einem Skelett ausgedünnt, wenngleich der Kurs in den letzten Jahren wieder korrigiert wurde. Im Jahr 2013 spottete man in der schwedischen Innenpolitik noch über die „Ein-Wochen-Armee“. Der damalige Oberbefehlshaber, General Sverker Göranson, hatte gegenüber den Medien gesagt, die schwedischen Streitkräfte seien nur in der Lage, eine Woche zu kämpfen.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Mittlerweile steuern die Schweden aber dagegen. So hat die Regierung – übrigens in Einigkeit mit der Opposition – umfassende Investitionen in die Streitkräfte beschlossen. Die neuaufgelegte Broschüre ist nur ein Teil einer geplanten umfassenden Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit. Das klingt alles andere als unvernünftig und wird mittlerweile von vielen europäischen Staaten ebenso praktiziert.

In Spezialistenkreisen außerhalb der linksmedialen Filterblase ist man sich nämlich durchaus einig, dass Vorsicht besser als Nachsicht ist. Die Sicherheitslage hat sich nicht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch nicht zum Guten verändert. Hier könnten in den kommenden Jahren Szenarien drohen, vor denen zu warnen, nichts mit „Kriegsrhetorik“, sondern mit Realismus zu tun hat!

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