3. Oktober – Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit

Bild: Bundesarchiv, Bild 183-1990-1003-400 / Grimm, Peer / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons; Bildkomposition: Info-DIREKT

Alle Jahre wieder feiert die Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober den Tag der Deutschen Einheit. Er war im Vereinigungsjahr 1990 von Westpolitikern auf dem Reißbrett entworfen worden und hat keinerlei historischen Bezug.

Von Martin Pfeiffer

Die eigene Geschichte war zu reich an Tagen

Man suchte, als sich der Zusammenschluss von West- und Mitteldeutschland im Sommer abzeichnete, einen „unverdächtigen“ Tag im Frühherbst aus, also keinen, der irgendwie „historisch belastet“ war. Der 7. Oktober etwa war „belastet“, schließlich wurde da im Jahre 1949 die ostzonale „DDR“ gegründet. So kam man auf den 3. Oktober. Dieses Datum sollte allein für die Wiedervereinigung Kohlscher Prägung herhalten.

Aber dachte der „Kanzler der Einheit“ eigentlich daran, dass am 3. Oktober 1988, also nur knapp zwei Jahre zuvor, der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß gestorben war? Er zählte zu den prägendsten Figuren der bundesdeutschen Nachkriegspolitik und war – Milliardenkredit 1983 hin oder her – einer der größten Verfechter eines wiedervereinigten Deutschlands. Sein 30. Todestag nun ist mittlerweile ganz in Vergessenheit geraten.

Wie souverän ist Deutschland eigentlich?

Dafür führen heute Politiker von SPD, Grünen und Linken das große Wort, obwohl damals das Gros ihrer Vertreter den Zusammenschluss ablehnte. Wer behauptet, die BRD sei seit 1990 vollends souverän, der irrt. Der in dieser Hinsicht unverdächtige Wolfgang Schäuble sagte 2011 auf einem Bankertreffen in Frankfurt, dass Deutschland nach dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt voll souverän gewesen sei. Auch der sogenannte Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 änderte daran nichts, da dieser mittels einer komplizierten Verweisungskette gewisse Vorbehaltsrechte der Siegermächte unberührt lässt.

Ungeachtet dessen geben ja seit Jahren die EU-Mitgliedsstaaten immer mehr Souveränitätsrechte an Brüssel ab. Deutschland und die Deutschen, die es noch sein wollen, dürfen zwar am 3. Oktober das kleinste Deutschland, das es je gab, als wiedervereinigt feiern, dessen Abschaffung, von der bereits Thilo Sarrazin 2011 schrieb, steht jedoch mittel- bis langfristig bevor. Traurige Aussichten!

Über den Autor

Martin Pfeiffer ist promovierter Jurist und Publizist. Nach redaktioneller Tätigkeit bei der Wiener Wochenzeitung „Zur Zeit“ (1999–2003) wechselte er in die Schriftleitung des Grazer Monatsmagazins „Die Aula“, das er bis zur Einstellung im Juni 2018 gestaltete, und wurde 2004 auch Geschäftsführer des Aula-Verlages. Er ist Obmann des „Kulturwerks Österreich“ und tritt als Redner im gesamten deutschsprachigen Raum sowie als Buchautor auf. Martin Pfeiffers „Querschläger“-Kolumne wird nun wöchentlich bei Info-DIREKT erscheinen.

Weitere Artikel …