Wahre Brutalität: Voggenhuber provoziert die Grünen!

Johannes Voggenhuber Mjpress [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons; Logo der Liste JETZT SVG: User:Thomas R. Schwarz / Logo: Liste Pilz/Jetzt [Public domain], via Wikimedia Commons; Bildkomposition von Info-DIREKT

Es war zweifellos ein Paukenschlag, als Österreichs kleinste Parlamentspartei bekanntgab, dass der Grüne der ersten Stunde, Johannes Voggenhuber, als Spitzenkandidat der „Liste Jetzt“ bei der kommenden Europawahl antreten werde.

Von Martin Pfeiffer

JETZT! ist die „Liste Pilz“ politisch kompetent

Damit kann die frühere „Liste Pilz“ nicht nur mit einem erfahrenen und in ökologischen Belangen kompetenten Frontmann aufwarten, sondern sie fordert zugleich die Grünen heraus, deren Wiedereinzug ins EU-Parlament nun schwieriger werden dürfte. Denn verglichen mit der Verlegenheitslösung Werner Kogler aus der Oststeiermark, der sich mangels passendem Kandidaten für den Parteivorsitz dazu breitschlagen ließ, die Obmannschaft der im Jahre 2017 aus dem Nationalrat geflogenen Partei zu übernehmen, ist der 68-jährige Salzburger ein ernstzunehmendes Schwergewicht.

Unruhe im Linken Lager – „Liste Jetzt“ doch noch nicht am Ende

Während die Kandidatur Voggenhubers das konservative und nationalfreiheitliche Lager kaum tangiert und allenfalls amüsiert – schließlich sind Wählerwanderungen von Türkis oder Blau zu „Jetzt“ bzw. Grün kaum zu erwarten –, herrscht im linken Lager Unruhe. Die schon voreilig zur Ein-Mann-Partei des Peter Pilz degradierte und als Auslaufmodell ins Abseits geschobene „Liste Jetzt“ scheint noch einmal durchstarten zu wollen. In den linken Parteien herrscht daher hektisches Treiben und Unruhe ob der Ankündigung der lilafarbenen Partei für die Wahl Ende Mai. Aber auch so mancher Bürgerliche sah sich veranlasst, seinen Senf zum Antreten Voggenhubers dazuzugeben.

Auch Ex-FPÖ-Sichrovsky schießt gegen Voggenhuber

Dies dürfte es auch sein, warum ein alter Gegenspieler Voggenhubers im EU-Parlament, der frühere FPÖ-Abgeordnete in Straßburg, Peter Sichrovsky, alte Kamellen auf seiner Netzseite auftischt, um seinen damaligen Konkurrenten zu kritisieren. Wenigstens wärmte Sichvrosky, der sich klar dazu bekennt, Mitglied der Wiener (Israelitischen) Kultusgemeinde zu sein, aber deren politische Linie nicht unterstützt, nicht die alte, aber wahre Geschichte auf, wonach der grüne Voggenhuber früher mit der Tochter des FPÖ-Urgesteins Otto Scrinzi verheiratet war. Aber es sind alte Geschichten und Rechnungen, demnach persönliche Erlebnisse aus vergangenen Zeiten, die Sichrovsky veranlassten, die Causa Voggenhuber aufzugreifen.

„Erinnerungen an eine Auseinandersetzung“

Unter der Überschrift „Erinnerungen an eine Auseinandersetzung“ charakterisiert der einstige FPÖ-Politiker (zu Jörg Haiders Zeiten) und Querdenker Sichrovsky Johannes Voggenhuber unter anderem wie folgt: „Ein selbstgefälliger, alt und schwerfällig gewordener Mann präsentiert sich als Retter der Demokratie, Retter der EU, Retter vor dem rechtsextremen Nationalismus und dem Abgrund des Holocaust – was immer er damit gemeint haben könnte.“

Sichrovsky ist gegen Voggenhuber, weil er Putin verteidigt

Wie seine ideale politische Struktur aussehen könnte, kann man auf Nebenschauplätzen erkennen, wie seine Bewunderung und Verteidigung von Putin, seine Kritik an den Sanktionen gegen Russland, der Verteidigung der Besetzung der Krim und an seinem Hass gegenüber den USA – dem eigentlichen Grund für das Böse in der Welt.“

Moderne Linke und rechte Bürgerliche vereint im Kampf gegen alle, die Neoliberalismus und US-Imperialismus kritisch sehen

Hier wird deutlich, dass „modernen“ Linken und rechten Bürgerlichen die altlinke Einstellung des 68-Jährigen nicht passt, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser äußerst kritisch zur Politik der USA sowie der „westlichen Wertegemeinschaft“ mit deren neoliberalen Ansichten ist und einen fairen Ausgleich mit Moskau wünscht. Doch in dieser Hinsicht unterscheidet sich Voggenhuber von der Linie aller anderen österreichischen Parteien. Zwar ist auch die FPÖ auf dieser Linie, sie befürwortet jedoch nationalstaatliche Lösungen für Europas Probleme.

Sichrovskys Kritik stimmt mit wirtschaftsliberaler ÖVP überein

Sichrovskys Kritik könnte genauso gut vom wirtschaftsliberalen Flügel der ÖVP kommen, wobei er in besagtem Artikel nicht umhin konnte,Voggenhubers Linie mit anderen Worten in einem folgenden Absatz zu formulieren: „Alles kommt einem irgendwie bekannt vor, alles scheint man schon gehört und gelesen zu haben. Wiederholungen linker Positionen mit den üblichen Klischees von Putin-Verteidigung bis USA-Verteufelung und dem nahtlosen Übergang vom Faschismus zur österreichischen Regierung. Als hätte er sich selbst aus dem Hut gezaubert, in dem er schlummerte, versucht er mit Altgebackenem zu überraschen und verwechselt frisch und knusprig mit hart und spröde gewordener politischen Position.“ Aber vielleicht schließt ja der Ex-Grüne damit die Lücke innerhalb des linken Lagers in Österreich und zieht so Wähler an sich, die sonst ihre Stimmen einer Splitterpartei wie den Kommunisten gegeben hätten oder gar dem Urnengang ferngeblieben wären.

„Liste Jetzt“ wird primär Grüne schwächen

Für Demoskopen ist indes klar, dass die „Liste Jetzt“ primär die Grünen schwächt. Dies könnte dafür sorgen, dass den Grünen der Sprung ins Straßburger Vielvölkerparlament nicht wieder gelingt oder sogar beide Listen nicht im Europaparlament vertreten sind. Lachender Dritter könnte die linksliberale Wirtschaftspartei NEOS sein, welche sich Stimmen von enttäuschten bürgerlichen Grünwählern erhofft, die den unberechenbaren Kurs der Partei ablehnen und die „Vereinigten Staaten von Europa“ wollen. Auch wenn es derzeit unpopulär ist, für „mehr Europa“ – also damit auch für „mehr Brüssel“ – einzutreten, gibt es genügend „Weltbürger“ in der Alpenrepublik, die einem solchen Ansinnen viel abgewinnen können.

Über den Autor

Martin Pfeiffer ist promovierter Jurist und Publizist. Nach redaktioneller Tätigkeit bei der Wiener Wochenzeitung „Zur Zeit“ (1999–2003) wechselte er in die Schriftleitung des Grazer Monatsmagazins „Die Aula“, das er bis zur Einstellung im Juni 2018 gestaltete, und wurde 2004 auch Geschäftsführer des Aula-Verlages. Er ist Obmann des „Kulturwerks Österreich“ und tritt als Redner im gesamten deutschsprachigen Raum sowie als Buchautor auf. Martin Pfeiffers „Querschläger“-Kolumne erscheint wöchentlich auf www.info-direkt.eu und im Printmagazin Info-DIREKT.

 

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