Herzlich willkommen in der EU-Schuldenunion!

Bilder: Pixabay, Freepik

Eine Melange aus Öko-Sozialisten, Migrationsbefürwortern und zentralistisch agierenden Eurokraten paukt unter dem Deckmantel scheindemokratischer Ablenkungsmanöver in Brüssel ihre Agenda durch. Das bedeutet nebenbei einen Migrationspakt, der am EU-Bürger vorbei beschlossen werden wird, und es bedeutet vor allem die Vergemeinschaftung der Schulden, also die Zementierung der EU-Schuldenunion.

Dieser Gastkommentar von Markus Buchheit ist im Printmagazin Nr. 34 „Zeit aufzuwachen: Schluss mit dem Corona-Wahnsinn!“ erschienen, das Sie jetzt kostenlos zu jedem Abo erhalten.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat unlängst die Karten auf den Tisch gelegt und mit erstaunlicher Offenheit erklärt, dass die im Zuge der Corona-Krise vereinbarte gemeinsame Schuldenaufnahme in Europa seiner Ansicht nach keine vorübergehende Maßnahme aufgrund der sogenannten Pandemie sei. Ganz im Gegenteil, Scholz lässt sich gerne zitieren: „Der Wiederaufbaufonds ist ein echter Fortschritt für Deutschland und Europa, der sich nicht mehr zurückdrehen lässt.“ Und: „All das sind tiefgreifende Veränderungen, vielleicht die größten Veränderungen seit Einführung des Euro.“

Der mehrjährige Finanzrahmen

Der Theaterdonner in der CDU war groß und Unions-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg tönte: „Mit uns sind keine gemeinsamen europäischen Schulden zu machen und auch keine Eurobonds.“ Mit der Unionsfraktion sei der Vorstoß von Scholz nicht abgestimmt. Doch abgestimmt hatte sich
Scholz mit der Kanzlerin höchstselbst, das Fußvolk war unnötig. Denn obwohl wir Deutschen uns jahrelang gegen die gemeinsame Schuldenaufnahme und Finanzspritzen an die überschuldeten Südländer wie Spanien und Italien gewehrt hatten, schaffte die Kanzlerin wieder einmal die Kehrtwende: In enger Abstimmung mit den Franzosen war der Kursschwenk längst vollzogen, und wir erinnern uns daran, dass sich die Verantwortlichen der 27 EU-Mitgliedsländer während einer Sondertagung des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020 auf ein umfassendes Paket von 1.824,3 Milliarden Euro geeinigt hatten, das die Grundlage des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) sein soll. Dieser MFR umfasst die Jahre von 2021 bis 2027. Er wird, wie es auf der Website des Europäischen Rates heißt, „durch ‚Next Generation EU‘ verstärkt [und dabei] das wichtigste Instrument für die Umsetzung des Aufbaupakets sein, um die sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie zu bewältigen.“

Der Umfang des MFR beträgt 1.074,3 Milliarden Euro und soll „es der EU ermöglichen, ihre langfristigen Ziele zu erreichen und die volle Kapazität des Aufbauplans zu bewahren“. „Next Generation EU“ ist als Post-Covid-19-Wiederaufbauprogramm mit 750 Milliarden Euro ausgestattet, wovon 390 Milliarden Euro als direkte Zuschüsse und 360 Milliarden Euro als Kredite gewährt werden. Die EU-Kommission wird erstmals europäische Schulden an den Finanzmärkten aufnehmen und EU-Anleihen emittieren. Länder, die Gelder aus dem Programm beziehen, machen damit keine neuen Schulden. Alte Staatsschulden bleiben jedoch bestehen.

Neue Steuern auf EU-Ebene

Zusätzlich wurde beschlossen, gemeinsame Einnahmen der EU zu lukrieren, sprich Steuern auf europäischer Ebene zu erheben. Das kann laut Bundesfinanzminister Scholz durch den Emissionshandel im Schiffs- und Luftverkehr, bei der Besteuerung von Finanztransaktionen oder digitalen Plattformen stattfinden. Kürzlich geisterte eine Plastiksteuer durch die Medien. Bekanntlich ist die Kreativität der Regierenden auf dem Gebiet der Besteuerung außerordentlich. Lästige rückversichernde Verfahrensweisen stören den Finanzminister dabei nur. Er fordert, damit die EU schneller handlungsfähig ist, eine Reform der Abstimmungsregeln in den EU-Räten. Die EU brauche „qualifizierte Mehrheitsentscheidungen bei der Außen-, Fiskal- oder Steuerpolitik statt dem Zwang zur Einstimmigkeit in den EU-Räten“.

Die von Scholz offenbar gewünschte administrative Schnelligkeit beim Durchwinken von Beschlüssen und eine damit verbundene Intransparenz sowie eine Reduktion der medialen Aufmerksamkeit beim Beschneiden nationaler Souveränitätsrechte lassen die Frage aufkommen, wem der Bundesfinanzminister eigentlich dient. Wenige Jahre zuvor wurden nationale Interessen der Mitgliedsländer jedenfalls noch eher nach vorne gerückt.

Corona-Krise brachte Ausnahmezustand

Im März 2012 hatten die damals 25 Mitgliedsländer der Europäischen Union im sogenannten europäischen Fiskalpakt beschlossen, eine Schuldenbremse in ihren nationalen Verfassungen oder in ihrer nationalen Gesetzgebung zu verankern. Der europäische Fiskalpakt sah vor, dass der gesamtstaatliche Haushalt einer Vertragspartei ausgeglichen zu sein oder einen Überschuss aufzuweisen habe. Außergewöhnliche Umstände, also staatlich nicht kontrollierbare Ereignisse, würden allerdings eine Abweichung von diesem Ziel „oder dem dahin führenden Anpassungspfad“ zulassen. Mit der Corona-Krise trat ein derartiger Ausnahmezustand ein, der auch die sonst vergleichsweise solide erscheinende Bundesrepublik aus dem Gleichgewicht brachte.

Anreize zur massiven Verschuldung

In anderen EU-Ländern, vor allem in Italien, Spanien und Frankreich, dürfte das Bild ein ähnliches, wenn nicht sogar ein schlimmeres als in Deutschland sein. Norbert F. Tofall, Senior Research Analyst beim renommierten Flossbach von Storch Research Institute, schreibt: „Durch den Ausnahmetatbestand der Corona-Krise sind zurzeit de facto und de jure alle europäischen Verschuldungsregeln außer Kraft gesetzt. […] Der leider oftmals nicht verstandene Grundwiderspruch im Euroraum besteht darin, dass die vom Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt geforderte und durch die europäischen Schuldenbremsen konkretisierte fiskalpolitische Schuldendisziplin seit Jahren durch die Geldpolitik der EZB konterkariert wurde, indem durch Niedrig-, Null- und Negativzinspolitiken und Anleihekaufprogramme massive Anreize für immer mehr Schulden erzeugt wurden. Der Regelbruch wurde geldpolitisch induziert. Durch die Corona-Krise dürften die europäischen Schuldenbremsen jetzt endgültig geschliffen werden. Denn auch bei einer Erholung der Wirtschaft dürften die Staatsschuldenquoten in vielen EU-Ländern nicht unter das Niveau von vor der Corona-Krise sinken. Und die EZB wird ‚whatever it takes‘ eine Geldpolitik verfolgen, welche diese Schulden für die Euroländer erträglich halten.“

Durch falsche Entscheidungen stellt sich die EU selbst infrage

Man muss nicht über die Motive der EZB-Geldpolitik spekulieren, um zu erkennen, dass diesem Treiben Einhalt geboten werden muss. Im Sinne der Stabilität des Euros, im Sinne der Gesundung und Stabilität der EU-Mitgliedsländerhaushalte müssen sinnvolle geld- und fiskalpolitische Maßnahmen ergriffen werden. Die Frage, wer zahlt für wessen Schulden, und die absehbare Antwort der „Südländer“, die eine „ultralockere Geldpolitik, keine fiskalischen Begrenzungen und Gemeinschaftshaftungen für Schulden“ wollen, bergen ein Konfliktpotential, das die Konstruktion der EU insgesamt infrage stellen wird.

Nein zum „Green Deal“

Das skandalgebeutelte Personal der EU-Kommission unter Frau von der Leyen ist aus vielen Gründen denkbar ungeeignet, Wege aus der auch zukünftig bedrohlichen Krise aufzuzeigen. Aufgabe der verantwortlichen Politiker kann es nicht sein, die Welt und das Klima über Plastik- und CO2-Besteuerungen zu retten oder einen supranationalen Zusammenschluss europäischer Staaten zu schaffen, der am Bürger vorbeiregiert und von ihm gar nicht gewünscht wird. Die dringlichste Aufgabe ist es, den gesamten europäischen Einigungsprozess über gemeinsam gefasste wirtschafts- und gesellschaftspolitische Grundüberzeugungen voranzubringen. Das kann nur über ökonomisch richtige Entscheidungen, über die Rücksichtnahme auf unterschiedliche Lebensweisen der unterschiedlichen Regionen und über integrative Maßnahmen gefördert werden, nicht etwa über die öko-sozialistischen Wirtschaftsplanspiele des „Green Deal“ oder eine völlig identitätsvergessene Migrationspolitik, die die kulturelle Basis und damit den Zusammenhalt der Europäer dauerhaft zerstören wird.

Über den Autor

Markus Buchheit, Jahrgang 1983, ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments und stellvertretender Delegationsleiter der AfD. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Fragen des internationalen Handels, der Industriepolitik sowie des Verbraucherschutzes auf EU-Ebene.

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