Türkenpartei NBZ will österreichweit antreten

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Seit 1. Jänner ist die „Neue Bewegung für die Zukunft“ offiziell eine Partei. Die NBZ besteht fast ausschließlich aus Türken. Außerdem pflegen viele Funktionäre enge Verbindungen zum türkisch-islamischen Verband ATIB, dem eine Nähe zur türkischen Regierung unter Erdogan nachgesagt wird. Dennoch will man offiziell keine Türkenpartei sein. SPÖ und Grüne könnten in Zukunft jedenfalls einige Wählerstimmen verlieren.

Die „Neue Bewegung für die Zukunft“ (NBZ) ist eine 1998 in Vorarlberg von türkischen Einwanderern gegründete Arbeiterkammerfraktion. Obmann der Bewegung ist der in der Türkei geborene Adnan Dincer. Nach den AK-Wahlen 2014 entschloss man sich, eine eigene Partei zu gründen und österreichweit zu kandidieren:

„Viele Politiker haben versucht, auf dem Rücken der migrantischen, vor allem der islamischen Community Politik zu betreiben. Das geht aber nicht. Die Integrationspolitik ist gescheitert. Wir müssen zurück an den Nullpunkt und gemeinsam eine Lösung suchen“, so Dincer im Interview mit den „Vorarlberger Nachrichten“.

Partei für die Vergessenen

Der neue Parteiobmann charakterisiert die NBZ als „österreichische Mitte-Rechts-Partei, die nach dem österreichischen Gesetz von Österreichern gegründet wurde“. Man wolle Brückenbauer sein, „eine Partei für die Vergessenen“. Man sei weder eine Türken- noch eine islamische Partei. Die NBZ bemüht sich auch anscheinend um eine Trennung von Religion und Politik. Der Islam dürfe nicht als politischer Islam „missbraucht“ werden. „Religion ist Religion, Politik ist Politik“, so Dincer.

Diskussion um Kopftuchverbot sei eine „Zumutung“

Harte Kritik äußerte die junge Partei wiederholt an Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP). Der Minister würde in seinem Amt „kläglich versagen“ und „die Grenzen der Geduld“ von Andersgläubigen und Menschen mit Migrationshintergrund testen. Allein eine Diskussion über das Kopftuchverbot sei „eine Zumutung sondergleichen“.

Beim Thema Integration fordert die Partei ein volles Wahl- und Mitentscheidungsrecht für in Österreich lebende EU-Staatsbürger. Ob diese Forderung zum Teil auch auf einen möglichen EU-Beitritt der Türkei abzielt, darüber kann nur spekuliert werden. Adnan Dincer fordert jedenfalls die türkische Community dazu auf, mit der „Türkeipolitik“ aufzuhören: „Ihr seid Teil von Österreich, also kümmert euch um Österreich“, so Dincer.

Enge Verbindungen zum türkisch-islamischen Verband ATIB

Nichtsdestotrotz besteht das gesamte Team, das auf der Homepage der Partei vorgestellt wird, aus türkischen Migranten. Der Generalsekretär, Murat Durdu, soll sogar den nationalistischen Grauen Wölfen (MHP) nahestehen. Besonders interessant ist das Engagement einiger Team-Mitglieder bei türkischen und islamischen Kulturvereinen. Zum Beispiel bei ATIB („Türkisch-Islamische Union in Österreich), dem größten österreichischen Dachverband türkisch-islamischer Moscheegemeinden. Der Verband gilt als Auslandsarm der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet und steht aufgrund seiner Nähe zur türkischen Regierung seit Jahren in der Kritik. In der Vergangenheit erhielt der Verein auch immer wieder finanzielle Zuwendungen aus der Türkei. In Anbetracht dessen stellt sich natürlich die Frage, inwiefern die NBZ als Partei in diese Strukturen eingebettet ist.

Rückkehrprämie für abwanderungswillige Ausländer

Für Aufsehen erregte die Bewegung NBZ letzten Sommer, als sie eine Heimreise-Unterstützung für Türken forderte, die sich in Österreich nicht mehr wohl fühlten. Viele in Vorarlberg lebende Türken würden wieder zurück in ihre alte Heimat wollen, weil die österreichischen Politiker feindselig gegenüber den türkischen Einwanderern seien. Die FPÖ griff die Meldung damals umgehend auf und forderte von der Regierung, „das Angebot der türkischen Community ernst zu nehmen“ und unverzüglich in Verhandlungen zu treten.

An dieser Rückkehrhilfe für abwanderungswillige Ausländer hält Parteiobmann Dincer auch heute noch fest: „Wenn man die türkische Community hier nicht haben will, soll sie die Chance haben, zurückzukehren.“

Konkurrenz für Grüne und SPÖ?

Müssen die einwanderungsfreundlichen Parteien in Österreich fürchten, dass ihr zugewandertes Wählerpotential ihnen plötzlich den Rücken kehrt? Im türkischen Internetnachrichtenportal „Havadis“ ist man sich jedenfalls schon sicher, dass die Multikulti-Parteien Stimmen verlieren werden. In der Vergangenheit hätten türkische und muslimische Wähler ihre Stimmen meistens „den Grünen, der SPÖ, aber auch der ÖVP“ gegeben. Diese Parteien würden aber „schlecht schauen“, wenn sich die Migranten zusammen für die NBZ entschieden. „Am schlimmsten wird es wohl aber die Grünen treffen“, so das Nachrichtenportal.

NBZ will österreichweit kandidieren

Ein Antreten bei den nächsten Landtagswahlen in Vorarlberg im Jahr 2019 hält Dincer für realistisch, ebenso eine Kandidatur bei den Vorarlberger Kommunalwahlen 2020 und bei den Kammerwahlen. Zurückhaltend gibt sich der Obmann im Interview hinsichtlich der Nationalratswahlen: „Die Frage ist, ob wir die Voraussetzungen bis zu den nächsten Nationalratswahlen schaffen. Es laufen gerade Gespräche in Wien, Salzburg und Innsbruck“, erklärte Dincer im Interview.

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