‚Tag X‘: Angekündigte Revolutionen finden nicht statt

Bild: Info-DIREKT

Noch in schwangeren Gedanken an die großen Proteste gegen die Angelobung des Kabinetts Schüssel I mit Besucherzahlen im sechsstelligen Bereich träumten autonome Bündnisse von einer Wiederholung. In militanter Diktion vom ‚Tag X‘ riefen sie in mehreren Landeshauptstädten auf die Straße. Allein in Wien fanden neun Demonstrationen gegen die gewählte Regierung statt, noch bevor diese einen Tag arbeiten konnte. Das klägliche Verstummen eines Aufschreis ist Sinnbild des Niedergangs der gutmenschlichen Empörung und deren Deutungshoheit über die Geschehnisse im Land.

Kommentar von Julian P. Eschentharrn

Vier Wochen ist es her, da ließ der Kurier Personen aus dem linksliberalen Spektrum von Großem träumen. Andreas Babler, SPÖ-Bürgermeister in Traiskirchen, schwärmt darin von den großen Menschenaufläufen am Heldenplatz anno 2000. Auch David Albrich von der Linkswende wird eine Plattform geboten. Ja, derselbe David Albrich, der sich vor Kurzem in einer Diskussionsrunde auf Servus-TV zum Affen machte. In erprobter Schnappatmung wetterte er dort derart hanebüchen über einen vorgeblichen Rechtsruck, dass ihm der ehemalige BZÖ-Mandatar Gerald Grosz eine Besachwalterung empfahl. Abgerundet wurde dies von Albrich mit einer nicht allzu versteckten Verharmlosung des Kommunismus und seiner Verbrechen.

Geblieben ist von der beschworenen Aufbruchstimmung – nichts. Die Flamme ist erloschen. Es zeigt sich allmählich: Große Worte ziehen nicht immer große Taten mit sich. Und lange Schatten haben Albrich & Co. nur deswegen geworfen, weil sich die Sonne über ihrem Haupt allmählich senkt. Die Mobilisierung lief schleppend und diesmal gibt es keinen breiten Schulterschluss an Kulturschaffenden, die sich dafür einspannen lassen können, in einem Jahr Bilanz zu ziehen. Am 19. Februar 2000 trotzten allein in Wien 150.000 Menschen den Temperaturen um den Gefrierpunkt. Am 18. Dezember 2017 hingegen marschierte in allen Städten zusammengerechnet selbst nach Einschätzung der Veranstalter kein Zehntel davon.

Ausschreitungen in Wien – Fake News im ORF

Die geringe Besucherzahl hielt gewalttätige Antifa-Elemente freilich nicht davon ab, dennoch den Aufstand am ‚Tag X‘ zu proben. Weil sie nicht wahrhaben wollten, dass sich der Demonstrationszug früher als erhofft aufzulösen begann, warfen sie mit Knallkörpern und Eiern auf Polizisten und entzündeten einen Brandsatz – Info-DIREKT berichtete. Ein ORF-Korrespondent bemüßigte sich dennoch, in der 13-Uhr-ZiB dauernd zu beschwören, wie „friedlich“ die Proteste gewesen seien. Festnahmen habe es nur „Gerüchten zufolge“ gegeben, ein Feuer sei „ausgebrochen“. So das beschwichtigende Fazit von Lukas – oder Stefan, so einig ist sich der ORF da selbst nicht – Lattinger. Alles eitel Wonne, hier demonstriert die Zivilgesellschaft, hier befinden sich die Guten.

Der mit Zwangsgebühren von den allermeisten Österreichern finanzierte Sender vom Küniglberg glänzt dabei aber nur ein weiteres Mal mit Fake-News. Denn dummerweise entlarvte nämlich auch eine im Kurier veröffentlichte APA-Aussendung diese Darstellung eine Stunde später als Ammenmärchen. Natürlich will man niemandem eine böse Absicht unterstellen. Aber es zeigt durchaus, wie überfällig eine von der neuen Regierung auch angedachte Neuaufstellung des ORF wäre. Immerhin gilt für öffentlich-rechtliche Medienanstalten eigentlich ein Gebot zu objektiver, neutraler und wahrheitsgetreuer Berichterstattung.

Kaum Zuspruch für ‚Tag X‘ in Innsbruck und Salzburg

Auch in Innsbruck und Salzburg – als Universitätsstädte jeweils Hochburgen von SPÖ und Grünen – fanden sich nicht viele Empörte ein. In der Mozartstadt berichtet man von etwa 300 Menschen. Um eine beliebte Analogie zum Wahlergebnis der Grünen zu bedienen, entspricht das in etwa einem Zehntel des Alkoholgehalts von Rumkugeln. In Innsbrucks Innenstadt zeigt eine weitere Anekdote, dass den Veranstaltern das mangelnde Interesse am großmundig anberaumten ‚Tag X‘ peinlich sein dürfte. Während nämlich die Polizei an die 1.000 Leute notiert, verdoppelten diese die Teilnehmeranzahl. Wie genau deren stets übertriebenen Schätzungen zustande kommen, ist schleierhaft und bedürfte am ehesten noch plumper Mutmaßungen zum geistigen Gesundheitszustand der Handelnden…

Überhaupt scheint Tirol ein Pflaster für die Kluft zwischen Anspruch und Realität der Gutmenschen zu sein. Als Burschenschafter im Jahr 2009 einen Festkommers anlässlich der 200-Jahr-Feier des Tiroler Freiheitskampfes abhielten, wollten Autonome die „Alpenfestung schleifen„. Während der Landesfestumzug später mehr als 70.000 Menschen begeistern sollte, zog hier ein mickriger Zug der Aufmüpfigen durch Innsbruck – wie eine Fotostrecke von FM4 belegt. Innsbruck steht noch. Übrigens: Die dazumal angeblich stattgefundene „Provokation von Rechtsextremen“ bestand darin, dass ein halbes Dutzend junger Patrioten zuvor in Flugblättern über die Aktivitäten der Antifa aufgeklärt hatte und nun friedlich am Gehsteig stand. Na, wenigstens bei der Übernahme gutmenschlicher Diktion und bei Fake-News ist er konsistent, der ORF.

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