Sahra Wagenknecht hält der Linkspartei eine Standpauke

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Sarah Wagenknecht hat den Parteitag der Linken für eine Standpauke an die eigenen Genossinnen und Genossen genutzt. Dies war ebenso notwendig wie mutig.

von Friedrich Langberg

„Links“ und „Rechts“ sind in der politischen Realität überholte Begriffe. Sie sind zu Etiketten verkommen, hinter denen sich politisch Aktive vor allem dann verstecken, wenn sie ihre Prinzipienlosigkeit als Haltung verkaufen müssen. Die zentrale Demarkationslinie trennt heute nicht mehr in erster Line Linke von Rechten. Sie trennt Profiteure des Systems von denen, auf deren Kosten diese Profite gemacht werden. In Wahrheit geht es um „oben“ und „unten“.

Vor allem in Italien ist derzeit zu beobachten, wie fruchtbar politische Bündnisse sein können, die das Gemeinsame vor das Trennende stellen. Wenn auf ideologische Scheindebatten vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte zugunsten eines höheren Zweckes verzichtet wird.

„Die Linke“ – Fraktionschefin redet ihrer Partei ins Gewissen

Sahra Wagenknecht hat den vergangenen Parteitag der Linken genutzt, um politischen Tagträumen ein Ende zu setzen. Anfangs hat sie ihre „Genossinnen und Genossen“ gleich einmal erinnert, für wen deutsche Politiker eigentlich da sein sollen. Die eigenen Leute nämlich, die Arbeiter, die Opfer von Merkles „marktkonformer Demokratie“. Diese Leute müsse man mit Respekt behandeln, nicht von oben herab.

Wagenknecht erinnerte daran, dass der inzwischen verpönte Osten einst die Hochburg ihrer eigenen Partei war. Es könne nicht angehen, dass man sich außerhalb der Universitäten nicht mehr für die Menschen interessiere. Dass Gewerkschafter und Arbeiter heute vermehrt AfD wählen, erkannte Wagenknecht durchaus als eigenes Versagen.

„Die SPD hat in den vergangenen Jahren über zehn Millionen Wähler und hunderttausende Mitglieder verloren. Und wir müssen uns doch fragen, warum so wenige von denen bei uns angekommen sind.“

Offene Grenzen nützen niemandem

Eine unter Gutmenschen ebenso beliebte Utopie ist jene der offenen Grenzen. An ein zentrales ideologisches Narrativ ihrer Zuhörer appellierend wandte sich Wagenknecht an deren logisches Denkvermögen: Wie wolle man den etwa Kapitalverkehr regulieren, wenn man gegen alle nationalstaatlichen Grenzen sei? Aber auch unter Rücksichtnahme auf heimische Arbeitskräfte erkannte sie den Leitantrag des Abends als guten Kompromiss an, denn:

„Von offenen Grenzen steht da nichts mehr, auch nicht von Arbeitsmigration.“

Sie machte ihren Genossinnen und Genossen auch deutlich, dass wirkliche Flüchtlinge, etwa Hungernde in Afrika, von offenen Grenzen gar nichts hätten. Wer nämlich wirklich bedürftig sei, der könne ohnehin nicht kommen. Menschen, die Hilfe brauchen, könne man nur vor Ort helfen. Außerdem spiele die Idee einer grenzenlosen Welt vor allem Großindustriellen in die Hände, da diese immer ein Interesse an billigen Arbeitskräften hätten.

Trump als Feindbild ist zu billig

Vor allem wegen seiner politisch inkorrekten Wortspenden ist Donald Trump bei all jenen besonders unbeliebt, die sich gerne moralisch überlegen fühlen. Wagenknecht meinte dazu, man könne Trump mögen oder nicht, es wäre aber naiv zu glauben, etwa das Völkerrecht werde erst seit seiner Präsidentschaft mit Füßen getreten.

Gemischte Reaktionen

In der Partei nahm man die Standpunkte teils mit frenetischem Applaus, teils auch mit offensichtlicher Fassungslosigkeit entgegen. Umso mutiger ist es, diese konfrontative Debatte zu führen. Notwendig ist es allemal.

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