Der Bundespräsident hat Narrenfreiheit in Personalentscheidungen

Bild: By Manfred Werner (Tsui) [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], from Wikimedia Commons; Hintergrund: pxhere.

In einem demokratischen Rechtsstaat sollten in der Verfassung und in entsprechenden Gesetzen eindeutig die Kompetenzen staatlicher Organe geregelt sein, um Willkür oder zumindest Rechtsunsicherheit zu vermeiden. So kann man etwa den Aufgabenbereich des Bundeskanzlers oder der Bundesminister klar in der Bundesverfassung nachlesen. Beim Bundespräsidenten jedoch sieht das ganz anders aus.

Von Martin Pfeiffer

Im Amt des Bundespräsidenten gibt es bedenkliche Grauzonen. Ganz im Stile eines absolutistischen Monarchen darf dieser – im Endeffekt nach Belieben – von einer zukünftigen oder bereits im Amt befindlichen Regierungspartei als Minister vorgeschlagene Personen ablehnen.

Es gibt noch kein Instrument, sich dagegen zu wehren

In der Zeit der Zweiten Republik kamen solche Ablehnungen bislang zwar selten vor, aber dennoch. Etwa Anfang 2000, als Thomas Klestil die von Jörg Haider gewünschten FPÖ-Politiker Thomas Prinzhorn und Hilmar Kabas als Wirtschafts- bzw. Verteidigungsminister ablehnte – ohne ausreichende Begründung. Ihm passten einige Äußerungen der Betreffenden nicht. Die Freiheitlichen schluckten dies letztlich. Aber was blieb ihnen denn anderes übrig?

Der Bundespräsident hat Narrenfreiheit in Personalentscheidungen

Die Bundesverfassung verlangt keine stichhaltige Begründung und enthält auch keine Regelungen für den Fall, dass das Staatsoberhaupt willkürlich entscheidet. Man gesteht dem ersten Mann im Staate demnach – ganz wie dem früheren Kaiser – ein nicht überprüfbares Ermessen zu. Er wird eben seine Gründe haben und verantwortungsbewusst mit dieser Macht umgehen, ist dann vielfach zu hören.

Da der Bundespräsident auch die Bundesrichter ernennt, hat er bei der Bestellung dieses Personenkreises ebenfalls das letzte Wort. Passt ihm bei einem dessen Nase – oder Gesinnung – nicht, dann darf er „Njet“ sagen. Eigentlich unglaublich, in einem vermeintlich liberalen Rechtsstaat westlicher Prägung! Die Causa Keyl zeigte wieder einmal, dass dem Staatsoberhaupt Narrenfreiheit zugestanden wird.

„Bedenken“ reichen aus, um Minister und Richter zu streichen

Bereits bei Bildung der Regierung Kurz/Strache machte Alexander Van der Bellen von seinem Recht Gebrauch, den ihm unliebsamen Kandidaten für das Amt des Verteidigungsministers abzulehnen, da dieser Angehöriger einer akademischen Burschenschaft ist. Bei sogenannten Hochschulburschenschaftern, schrieb der Ex-Grüne lapidar das Wort „Bedenken“ auf den Ministerwunschzettel von Türkis–Blau. Damit war der betroffene Kandidat vom Tisch und sein Name gestrichen.

Beim designierten Bundesrichter Keyl lief es ganz ähnlich ab. Van der Bellen passte dessen Gesinnung nicht, und obwohl diese kein Ablehnungsgrund sein darf, da es sich hierbei um ein unsachliches Argument handelt, ließ er über seine Kanäle ventilieren, er weigere sich, Keyl zu ernennen. Nach typisch österreichischer Art legt man dem Betroffenen damit nahe, sein Gesuch wieder zurückzuziehen, damit beide ihr Gesicht wahren. Und so war es dann auch.

Höchstes Amt im Staat als oberste Antifa-Instanz

Das Staatsoberhaupt erspart sich dadurch allfällige Antworten auf lästige Fragen. Er schweigt lieber, wie so mancher royale Regent, in seinem Palast. So wird also in Österreich „ganz legal“ Politik gemacht. Der Bundespräsident als oberste Antifa-Instanz mit Narrenfreiheit – ganz zum Gaudium der linken Reichshälfte und der etablierten Journaille! Wann melden hier eigentlich Verfassungsjuristen Handlungsbedarf an?

Über den Autor

Martin Pfeiffer ist promovierter Jurist und Publizist. Nach redaktioneller Tätigkeit bei der Wiener Wochenzeitung „Zur Zeit“ (1999–2003) wechselte er in die Schriftleitung des Grazer Monatsmagazins „Die Aula“, das er bis zur Einstellung im Juni 2018 gestaltete, und wurde 2004 auch Geschäftsführer des Aula-Verlages. Er ist Obmann des „Kulturwerks Österreich“ und tritt als Redner im gesamten deutschsprachigen Raum sowie als Buchautor auf. Martin Pfeiffers „Querschläger“-Kolumne wird nun wöchentlich bei Info-DIREKT erscheinen.

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