Was kann die Mosaikrechte von der Neuen Linken lernen?

Philip Stein: Mosaikrechte
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Welche Lehre können aus den Begriffen, Strategien und Irrtümern der 68er-Bewegung gezogen werden?  

Gastbeitrag von Philip Stein

Die sogenannte 68er-Bewegung und ihre gewalttätigen Vollstrecker der Roten Armee Fraktion (RAF) sind in den letzten Jahren wieder vermehrt in den Fokus der Geschichtswissenschaften gerückt, nachdem sie bereits in den Jahrzehnten zuvor temporäre Revivals feierten. Bernd Eichingers streitbarer Film „Der Baader Meinhof Komplex“ eroberte 2008 die deutschen Kinosäle, und entfachte als populärwissenschaftliche Erzählung eine ebensolche Diskussion wie die zahlreichen Publikationen, die in diesem Jahr rund um das 50-jährige Jubiläum der linken Studentenbewegung publiziert wurden.

Subversion und Aktion

Die „begrenzte Regelverletzung“ aus dem Repertoire der 68-Studenten klingt nicht zufällig nach aktuellen Formulierungen der sogenannten Neuen Rechten. „Die kleine Ordnung stören, um die große zu retten“, forderte etwa Götz Kubitschek auf der Bühne von PEGIDA im Jahr 2015 und dann erneut nach den Demonstrationen in Chemnitz. Er fährt fort: „Eine Ordnungswidrigkeit erschüttert den Staat nicht, vor allem dann nicht, wenn sie begangen wird, um die wankenden Grundpfeiler des Staates zu stützen.“ Kubitschek war es auch, der 2007 zusammen mit einigen anderen Köpfen die „Konservativ-Subversive Aktion“ initiierte und sich dabei ganz selbstverständlich auf die linken Vorläufer, die Münchner „Subversive Aktion“, und ihre provokanten Aktionsformen berief. Auch das Bürgernetzwerk „Ein Prozent“ operiert mit ganz ähnlichen Formulierungen.

Strategische Vorbilder

Diese Formulierungen zielen, wenngleich zeitgemäßer formuliert und an die aktuelle Situation angepasst, zwar nicht unmittelbar auf die Revolte oder Revolution, so wie Rudi Dutschke und die 68er-Bewegung es oft postulierten, machen aber unzweideutig den Willen zur gezielten und damit strategischen Regelverletzung deutlich. Die partielle Ähnlichkeit des Vokabulars resultiert aus dem strategischen Vorbildcharakter der linken Aktivisten von 1968. Günter Bartsch, der Autor des 1975 veröffentlichten Buches „Revolution von rechts? Ideologie und Organisation der Neuen Rechten“, zeichnete noch während der aktiven Zeit Dutschkes die politischen Linien nach, die aus seiner Sicht von den linken Studenten zu ihrem rechten Widerpart, der jungen Neuen Rechten um Hennig Eichberg, führten und dort ähnliche Prozesse in Gang setzten. Bartsch unterstellte hier gewissermaßen einen „kausalen Nexus“ und plädierte somit dafür, dass die Neue Rechte nur oder zumindest überwiegend als direkte Reaktion auf das Erstarken der neuen politischen Linken verstanden werden könne.

Linke Potentiale für Rechte

Welche Lehren kann die Rechte als politische Bewegung, als rechtes Mosaik, aus den Irrtümern, Begriffen und strategischen Vorstößen der 68er-Bewegung ziehen? Als rechte Opposition in der Bundesrepublik Deutschland ist die von Dutschke & Co. vorgelegte Analyse der strukturellen Gewalt, des Parteienstaates, der Herrschaft der Medien durch Auslassungen und Desinformation sowie partiell auch die Kritik am „Spätkapitalismus“ und seinen Auswirkungen auf die Gesellschaft auch dieser Tage von Relevanz.

Der entscheidende Punkt ist jedoch ein anderer: Die jungen Studenten des Mai 1968 wussten trotz ihrer strategischen Konzepte und radikalen Analysen immer um die Wirkmächtigkeit einer politischen sowie gesellschaftlichen Utopie. „Auf der Rechten hingegen, im Bereich des konservativen Lagers im speziellen“, so schreibt der Politikwissenschafter Benedikt Kaiser, war man sich immer sicher, „dass man existierende Dinge bewahren muss, Entwicklungen, die man nicht stoppen könne, zumindest verzögern sollte, dass man ferner danach strebte, grundsätzliche gesellschaftliche Prozesse zu verlangsamen oder zu korrigieren, aber sie nicht fundamental in Frage zu stellen, weil man sich sonst […] dem Verdacht des utopischen Denkens, des Radikalismus, der scharfen ‚Links’- oder aber ‚Rechtsabweichung’ ausgesetzt hätte.“ Doch mit „Verlangsamung und Behutsamkeit, Sachlichkeit und nüchterner Beobachtung bei moderaten Korrekturvorschlägen wurde noch keine einschneidende und multiple Krisensituation […] analysiert, geschweige denn ansatzweise gelöst“, weiß Kaiser diesen Gedankengang zu beenden.

Das Grundübel der Konservativen

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Über den Autor

Philip Stein, geboren 1991 in Hessen, ist Sprecher der „Deutschen Burschenschaft“, Leiter der Bürgerinitiative „Ein Prozent“ und Eigentümer des Jungeuropa Verlags“.

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