„Eine Klassensprecherwahl ist teilweise transparenter als eine AK-Wahl!“

Info-DIREKT-Interview mit Gerhard Knoll (Freiheitliche Arbeitnehmer Oberösterreich) zur AK-Wahl 2019
Bild Gerhard Knoll: Info-DIREKT

Im Gespräch mit Info-DIREKT erzählt Gerhard Knoll was ihn dazu motivierte in einer roten Hochburg als freiheitlicher Betriebsrat zu kandidieren, welche Steine ihm dabei in den Weg gelegt wurden und wie er jetzt die AK-Wahlen reformieren möchte.

Info-DIREKT: Sie sind 2008 als freiheitlicher Kandidat in einem großen, ehemals staatlichen Konzern, der seit jeher als Hochburg der SPÖ gilt, zur Betriebsratswahl angetreten. Was hat sie damals dazu bewogen?

Gerhard Knoll: In der Periode bevor ich Betriebsrat wurde, waren ausschließlich FSG-Betriebsräte [Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, Anm. d. Red.] im Arbeiterbetriebsrat vertreten. Ich bin seit 1998 im Betrieb, habe meine Lehre und meine Fortbildungen gemacht. Dabei habe ich viele Kollegen kennengelernt und mitbekommen, dass viele mit der Arbeit der Betriebsräte und dem Politikum, das diese betrieben haben, unzufrieden waren. Da dachte ich mir: Das kann es doch nicht sein, dass jeder mit dem ich rede unzufrieden ist und die roten Betriebsräte trotzdem gewählt werden. Für mich war klar, dass man da eine Alternative bieten muss, deshalb habe ich dann 2008 als freiheitlicher Betriebsrat kandidiert.

Wie haben Sie 2008 Ihre erste Betriebsratswahl als blauer Kandidat in einer roten Hochburg erlebt?

Da war die Hölle los! Mein Antreten zur Wahl wollten sie damals unbedingt verhindern, weil sie natürlich gefürchtet haben, dass es mit einem nicht roten Betriebsrat plötzlich auch andere Meinungen und Medien geben wird. Für die SPÖ war damals wichtig, dass sie ihre uneingeschränkte Macht erhalten.

Können Sie ein Beispiel dazu nennen?

Ja, beispielsweise meine erste Rede vor den versammelten Kollegen. In einer großen Halle wurden alle Reden der FSG-Kandidaten zusätzlich auf einer Leinwand gezeigt. Meine Rede wurde dann plötzlich nicht mehr übertragen. Zudem wurde ich richtig untergriffig beschimpft und pausenlos unterbrochen. Nach dem Spektakel hat der Konzernbetriebsratsvorsitzende zu mir gesagt: „Jetzt hast Du gesehen, was auf Dich zukommt – Du hast aber eh noch Zeit, Du kannst eh Deine Wahl noch ÜBERLEGEN“.

Warum war es Ihnen so wichtig, dass Sie ausgerechnet als Kandidat der „Freiheitlichen Arbeitnehmer“ zur Wahl antreten?

Weil ich einfach ein überzeugter Freiheitlicher bin. Die Methoden und die politische Vereinnahmung, mit denen der FSG arbeitet, die wollte ich nicht mehr mittragen. Schon in meiner Lehrzeit war es ein „freiwilliges Muss“, dass man beim „Ersten-Mai-Aufmarsch“ der SPÖ mitgeht. Damals hat man für das Mitgehen bei dieser Parteiveranstaltung sogar noch ein neues Arbeitsgewand und einen Freitag frei bekommen.

Gibt es das heute nicht mehr?

Nein, das habe ich abgedreht, weil es nicht sein kann, dass jemand der bei der SPÖ mitgeht bevorzugt wird und alle die am ersten Mai zur FPÖ oder ÖVP gehen nichts bekommen. Das geht nicht.

Ein großes Anliegen von Ihnen ist es auch das Wahlrecht bei den Arbeiterkammerwahlen zu ändern. Warum?

Da geht es um Demokratie. Ich habe es 2004 selbst erlebt, wie mir die FSG-Wahlbeisitzer beim Wählen über die Schulter schauen wollten. Das war fast wie in der DDR, wo man nur einen wählen konnte und dabei auch noch beobachtet wurde.

Ein Problem sind auch die sogenannten Betriebsratswahlsprengel in den Betrieben. Dort kann kaum kontrolliert werden, ob die Wahlen ordnungsgemäß durchgeführt werden und ob die Wahlberechtigen wirklich freiwillig zur Wahl gehen. Eine Klassensprecherwahl ist teilweise transparenter als eine Arbeiterkammerwahl!

Das ist aber eine heftige Aussage!

Nein, das ist leider die Wirklichkeit. Bei dieser Wahl können sich Betriebsräte vom Wähler eine Vollmacht unterschreiben lassen, mit der sich der Betriebsrat die Wahlkarte zu sich schicken lassen kann, damit er diese dann dem Wähler persönlich zustellen kann. Wie diese Zustellung dann aussieht und der Wahlvorgang dann durchgeführt wird, weiß man nicht.

Wie kann man das lösen?

Wir brauchen eine Wahlreform. Wir müssen weg von den Wahlen in den Betrieben. Die Idee von uns „Freiheitlichen Arbeitnehmern“ ist ein einheitlicher Wahltag für alle Bundesländer. Die Wahl zur Arbeiterkammerwahl soll – so wie die anderen Wahlen auch – persönlich am Gemeindeamt durchgeführt werden. Wie bei anderen Wahlen sollte es auch die Möglichkeit der Briefwahl geben.

Über Gerhard Knoll: 

Gerhard Knoll ist 1982 in Linz geboren und Betriebsrat in der „Voestalpine Stahl GmbH“.
Er ist verheiratet und Vater von vierjährigen Zwillingsjungen.

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