Sebastian Kurz: Guru, Heilsbringer oder einfach nur schwarzes Schlitzohr?

Sebastian Kurz: Guru, Heilsbringer oder einfach nur schwarzes Schlitzohr?
Bild ÖVP-Obmann Sebastian Kurz: Info-DIREKT

Allmählich läuft der Vorwahlkampf an. Bevor die heiße Phase der Wahlwerbung Anfang September beginnt, absolvieren die meisten Parteien bis Ende Juli noch ihr Pflichtprogramm, das in kleinen Auftritten ihrer Spitzenkandidaten besteht. So tourt seit Wochen der vom Nationalrat abmontierte Bundeskanzler Sebastian Kurz durch die Lande und lässt sich in schwarzen Kreisen feiern.

Ein Kommentar von Martin Pfeiffer

Im ÖVP-dominierten Oberösterreich schlug ihm viel Sympathie entgegen (Info-DIREKT berichtete). Und der Basti weiß, wie er sich vor seinen Anhängern zu präsentieren hat, nämlich als volksnaher, umgänglicher bürgerlicher Bewahrer der politischen Errungenschaften der letzten 17 Monate, also der Zeit, in der er Regierungschef war. Das erinnert etwas an die alte CDU-Parole unter Konrad Adenauer: „Keine Experimente!“

Kurz suggeriert dabei, dass er der Garant für Kontinuität sei, wenn er wieder zum Kanzler gewählt werde. Dabei lässt er bewusst offen, mit wem er regieren wolle. Im Interview mit Info-DIREKT skizzierte er seine Schwerpunkte, indem er drei Bereiche anführte:

„Ende der Schuldenpolitik, Reduktion der Steuerlast und auch den Kampf gegen die illegale Migration“.

Obwohl diese Ziele mit Sozialdemokraten nur schwer erreichbar sein dürften, ließ er verlautbaren, dass er mit Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil „eine gute Gesprächsbasis“ habe. Das mag ja sein, aber momentan ist immer noch Pamela Rendi-Wagner Parteichefin und Spitzenkandidatin der SPÖ. Rechnet Kurz vielleicht schon mit einem Wechsel nach einem Wahldebakel der Genossen?

Kurz will Herbert Kickl nicht mehr als Innenminister

Den Freiheitlichen rät er, endlich „die richtigen Lehren“ aus dem Ibiza-Skandal zu ziehen, was bedeutet, dass HC Strache sich aus der hohen Politik fernhalten soll: „Ich würde ihm nicht raten zurückzukehren“, lautet die Drohung des ÖVP-Bosses. Gleichzeitig lockt er die Blauen mit den Worten: „Schauen wir, welcher Teil sich in der FPÖ durchsetzt.“ Das heißt mit anderen Worten, nur wenn sich die geschmeidigen Kräfte durchsetzen, die wie weiland nach dem FPÖ-Debakel 2002 als zahnloser Mehrheitsbeschaffer der ÖVP eine Regierung ermöglichen, in der die Volkspartei nach Belieben schalten und walten kann, dann wird es eine Neuauflage von Türkis–Blau geben. Für einen Innenminister Herbert Kickl ist darin natürlich kein Platz mehr. Nur wird die Wahl 2019 anders ausgehen als die vor 17 Jahren, als die FPÖ von knapp 27 Prozent auf zehn Prozent abstürzte.

Rendi-Wagner müsste zugunsten von Doskozil gehen

Denn die blaue Partei ist weder zerstritten noch hat sie in der Regierung ihre Grundsätze aufgegeben. Und wenn die derzeitigen Umfragen ein Spiegelbild des Ergebnisses vom 29. September sein werden, wofür einiges spricht, dann bleibt die ÖVP unter 40 Prozent, so dass Türkis–Rosa keine Mehrheit haben wird. In diesem Fall muss Kurz entweder hoffen, dass die SPÖ Rendi-Wagner zugunsten von Doskozil entsorgt oder die FPÖ um des Mitregierens willen zahlreiche Kröten schluckt. Ansonsten wird es schwer werden, eine stabile Regierung zu zimmern.

Es gibt keinen Grund vor Kurz zu kuschen

Der ÖVP-Chef pokert hoch. Er stellt sich als Saubermann dar und mimt den Heilsbringer für Österreich. Doch sein Schmierentheater im Zuge der Ibiza-Affäre, als er die Schockstarre der Freiheitlichen ausnutzte, um die Regierung eiskalt zu entkickeln, zeigt, dass „Bombasti“ keineswegs das nette Burli von nebenan ist. Es gibt aber auch keinen Grund, vor Kurz zu kuschen.

Über den Autor

Martin Pfeiffer ist promovierter Jurist und Publizist. Nach redaktioneller Tätigkeit bei der Wiener Wochenzeitung „Zur Zeit“ (1999–2003) wechselte er in die Schriftleitung des Grazer Monatsmagazins „Die Aula“, das er bis zur Einstellung im Juni 2018 gestaltete, und wurde 2004 auch Geschäftsführer des Aula-Verlages. Er ist Obmann des „Kulturwerks Österreich“ und tritt als Redner im gesamten deutschsprachigen Raum sowie als Buchautor auf. Martin Pfeiffers „Querschläger“-Kolumne erscheint wöchentlich auf www.info-direkt.eu und im Printmagazin Info-DIREKT.

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