„Wenn sich alle an die Spielregeln halten, gibt es kein Lohndumping!“

Johann Kalliauer: "Wenn sich alle an die Spielregeln halten, gibt es kein Lohndumping!"
Bild Johann Kalliauer, Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich: Info-DIREKT

Nach einer Pressekonferenz im Gebäude der Arbeiterkammer (AK) in Linz haben wir mit AK-Oberösterreich-Präsident Johann Kalliauer über das Thema „Fachkräftemangel“ gesprochen. Im Interview erklärt er, warum er denkt, dass das Problem vielfach hausgemacht ist.

Dieses Interview mit Johann Kalliauer ist im Printmagazin Nr. 28/29 „Natur und Heimatschutz statt Klimahysterie“ erschienen, die Sie jetzt kostenlos zu jedem Abo erhalten.

Info-DIREKT: Herr Kalliauer, Sepp Schellhorn hat im Interview mit Info-DIREKT gesagt, dass man den Fachkräftemangel am besten beheben kann, indem man Fachkräfte aus dem Ausland holt. Was sagen Sie aus Sicht der Arbeiterkammer dazu?

Johann Kalliauer: Erstens bin ich mit dem Fachkräftemangel vorsichtig, weil das generell nicht stimmt. Es gibt einige Branchen, bei denen es Schwierigkeiten gibt. Das sind vor allem die Branchen, die jahrelang in der Lehrlingsausbildung gespart haben. Da stellt sich heraus, dass man am falschen Platz gespart hat. Es ist ja auch nicht so einfach, dass ich heute hergehe und sage, die Fachkräfte sind jenseits der Grenzen und abholbereit. 

Info-DIREKT: Zur Anwerbung der Fachkräfte gibt es ein Konzept der NEOS.

Kalliauer: Das kenne ich nicht, daher will ich es auch nicht kommentieren. Ich sage nur generell zum Fachkräftemangel: Wer ordentlich vorsorgt und eine gute Ausbildung anbietet und sich auch rechtzeitig um Nachwuchs kümmert, hat auch jetzt keine Probleme.

Einhaltung von Kollektivverträgen ist Pflicht

Info-DIREKT: Manche Menschen befürchten, dass im Zuge der Facharbeiter-Diskussion Arbeitskräfte aus dem Ausland hereingeholt werden könnten und es dadurch zu Lohndumping kommen könnte. Sind diese Ängste real?

Kalliauer: Nein. Das sehe ich nicht, weil Lohndumping nur dann passiert, wenn die Einhaltung der Kollektivverträge nicht geprüft und kontrolliert wird. Wir haben eines der besten Lohn- und Sozialdumpinggesetze in Europa – man muss es nur vollziehen. Wogegen wir uns wehren, ist, wenn man dieses Gesetz durchlöchert. Dagegen gibt es von uns auch heftigen, öffentlichen Widerstand. Wer in Österreich arbeitet, muss zu österreichischen Konditionen bezahlt werden, das verhindert Lohndumping. 

Info-DIREKT: Sprechen Sie damit die Scheinselbständigen an?

Kalliauer: Nicht nur. Ich spreche damit auch die Versuche an, Kollektivverträge nicht einzuhalten. Es hat ja auch einen Grund, warum die Arbeiterkammer Oberösterreich im letzten Jahr rund 100 Millionen Euro für die Mitglieder sichern konnte. Von dieser Summe entfällt ein guter Teil auch auf Ansprüche auf Entlohnung, die den Arbeitnehmern vorenthalten wurden. Wenn sich alle an die Spielregeln halten, gibt es kein Lohndumping. 

Info-DIREKT: Das heißt, gegen eine Art „Rot-Weiß-Rot-Karte“, die den Zuzug von bspw. IT-Technikern ermöglicht, hätten Sie nichts einzuwenden?

Kalliauer: Wir haben jetzt schon jede Menge Arbeitskräfte aus den umliegenden Ländern, wie Deutschland. Das ist in einem gemeinsamen Europa klar, aber das heißt nicht, dass man damit österreichische Lohn- und Sozialbestimmungen unterlaufen kann. Da gibt es halt manche, wenige Abenteurer, die das versuchen, denen gehört das Handwerk gelegt. Alle anderen, die sich an die Spielregeln halten, haben da eh keine Probleme. 

Pflegekräfte aus Asien?

Info-DIREKT: Der Sozialsprecher der oberösterreichischen ÖVP, Wolfgang Hattmannsdorfer, hat gesagt, dass er Pflegekräfte zukünftig auch in Asien anwerben möchte. Wird dadurch der Standard der Pflege gehoben, oder ist das vielleicht nicht doch auch mit Lohndumping verbunden?

Kalliauer: Ich halte solche Ansagen für entbehrlich. Im Pflegebereich sehe ich nicht das Problem von Lohndumping, sondern das ist einfach der Ausdruck dessen, dass man jahrelang verabsäumt hat, im Pflegebereich rechtzeitig genügend Fachkräfte auszubilden.
Wenn ich schlechte Arbeitsbedingungen habe – und das ist im Pflegebereich so -, dass die Entlohnung gering ist und ich schlechte Arbeitszeiten habe, dann werde ich auch nicht genügend Leute bekommen. Zu meinen, dass ich das Problem mit Pflegekräfte aus Asien lösen kann, ist eine Illusion und zeigt nur, dass man das Problem nicht ernsthaft angehen will. 

Info-DIREKT: Herr Kaliauer, danke fürs Gespräch.

Kalliauer: Gern.

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Über Johann Kalliauer:

Johann Kalliauer, geboren 1953 in Wels (Oberösterreich) ist studierter Jurist, verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Bevor er 1982 in die Arbeiterkammer wechselte, war er in der Gewerkschaft aktiv. Seit 2003 ist er Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich und Vizepräsident der Bundesarbeiterkammer. Zudem ist er seit 2009 Vorsitzender der „Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG)“. 2016 war er für einige Monate Chef der SPÖ Oberösterreich.

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