Der Balkan beginnt in Wien

Der Balkan beginnt in Wien
Bild Rennwegkaserne: Tokfo via wikipedia.org. SEK: freepik.com. Komposition: Info-DIREKT

Heute wird in der politischen Kommunikation viel von „Narrativen“, von den „großen politischen Erzählungen“, fabuliert. Kaum jemand weiß wirklich,  worum es sich dabei handelt und was so eine „Erzählung“ eigentlich sein soll.

Dieser gekürzte Kommentar von Hans-Jörg Jenewein, Ex-Fraktionsführer der FPÖ im BVT-U-Ausschuss, ist in voller Länge im Printmagazin Nr. 28/29 „Natur und Heimatschutz statt Klimahysterie“ erschienen, das Sie jetzt kostenlos zu jedem Abo erhalten.

Die BVT-Causa ist das beste Beispiel dafür, wie solche politischen „Märchenstunden“ wirklich ablaufen und wie politische Parteien ihren Auftrag oder ihre Agenda dafür nutzen, um der Bevölkerung ein X für ein U vorzumachen.

Die BVT-Causa

„Am 28. Februar 2018 – rund zwei Monate nach Kickls Angelobung – stürmen fanatische Polizisten unter Leitung eines FPÖ-Gemeinderats das BVT. Mit Sturmgewehren, Rammen und vermummt wie beim Zugriff auf Osama bin Ladens Versteck in Pakistan nehmen sie alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Sie überfallen das Extremismusreferat im BVT und wollen Zugriff auf alle Fakten und Daten haben, die der FPÖ schaden könnten. Der Staatstreich hat begonnen. Der Tag X ist da! Wir werden alle sterben!“

Wenn auch leicht überzeichnet, war dieser Prolog die Geschichte, die wir Monate lang von SPÖ, NEOS und Peter Pilz aufgetischt bekommen haben. Um ihre These zu untermauern, wurden verschiedenen Journalisten in homöopathischen Dosen Aktenteile – teilweise auch grob entstellend – übergeben und diese dann Stück für Stück an die Öffentlichkeit weitergespielt. Das „Narrativ“, also die große politische Erzählung, hat damit ihren Lauf genommen. Die Erklärung ist eine sog. „Petitio Principii“, also eine Behauptung, die durch Aussagen begründet wird, welche die zu beweisende Behauptung schon als wahr voraussetzen.

Angriff galt Herbert Kickl

Ab diesem Zeitpunkt geht es dann Schlag auf Schlag. Der Ruf nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der unter anderem klären soll, wie es dazu kommen konnte, dass „Herbert Kickl das BVT stürmen ließ“, wird immer lauter. SPÖ, NEOS und Pilz berufen laufend immer wieder Sondersitzungen ein. „Ein Skandal von staatspolitischem Ausmaß“ muss mittels parlamentarischen Untersuchungsausschusses geklärt werden. 

Nach dem Formalbeschluss im Februar werden bis Ende Juni laufend Akten geliefert, die Fraktionen nominieren ihre Ausschussmitglieder, und schließlich kann im September 2018 endlich zum großen Halali auf Herbert Kickl geblasen werden.

Gründe für die Hausdurchsuchung im BVT 

Dreh- und Angelpunkt ist das sogenannte „Konvolut“, eine rund 40-seitige Schmähschrift, die 2017 an verschiedene Politiker, Rechtsanwälte und auch Führungsbeamte anonym verschickt worden ist. Eine rund 40- seitige Anklage, die neben der Beschreibung von orgastischen Partys, welche angeblich von Beamten des BVT regelmäßig auf Staatskosten gefeiert worden sein sollen, auch allerhand Handfestes und Strafbares enthält. Bemerkenswert: Sämtliche Auskunftspersonen, die dazu befragt wurden – auch wenn sie den Inhalt vielleicht vollkommen in Abrede stellten – haben unisono festgehalten, dass der oder die Verfasser dieser Schrift großes internes Fach- und Detailwissen haben mussten. Auch der Staatsanwaltschaft ist dieses Schreiben nicht verborgen geblieben, und erste Vorerhebungen haben noch vor der Nationalratswahl 2017 begonnen.

Bei einem jener Vorwürfe, der besonders im Fokus der Ermittlungen stand und bis jetzt noch steht, ist die Frage, ob im BVT illegalerweise gegen den Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky ermittelt wird. Lansky, der politisch der SPÖ zuzurechnen ist, erhebt seit Jahren den Vorwurf gegen das BVT, dass offenbar rund 600.000 E-Mails aus einem Datendiebstahl im BVT dafür verwendet wurden, um den Krimi rund um den früheren kasachischen Botschafter Rakhat Aliyev und den kasachischen Opferverein Tagdyr wieder aufleben zu lassen. Tagdyr, vertreten von Lansky, bezichtigte Rakhat Aliyev des Mordes an zwei kasachischen Bankern. Die Vermutung, dass durch die politischen Verbindungen zwischen dem BVT und der ÖVP vielleicht sogar Daten des Rechtsanwaltes direkt an die Volkspartei gekommen sein könnten, ist bislang zwar nicht bewiesen. Die Indizienkette indes ist jedoch dicht.

Staatsanwaltschaft sah Notwendigkeit für Hausdurchsuchung

Anfang des Jahres 2018 nimmt Lansky mit dem neuen Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, Kontakt auf und übergibt ihm das Konvolut und zudem eine von Lansky verfasste Zusammenfassung.

Goldgruber erkennt sofort, dass er da Sprengstoff in den Händen hält, und entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung – ein Beamter hat laut Beamtendienstrecht eine Anzeigeverpflichtung – erstattet er direkt bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Anzeige. 

Die fallführende Staatsanwältin nimmt die Anzeige entgegen, verschweigt Goldgruber jedoch, dass bereits ein Verfahren läuft. 

Nachdem die Staatsanwaltschaft mehrere Zeugen einvernommen hatte, sah die fallführende Staatsanwältin die Notwendigkeit einer Hausdurchsuchung gegeben. 

Linke Verschwörungstheorie

Eine Hausdurchsuchung, die von der WKStA als „Herr des Verfahrens“ durchgeführt und von Polizeieinheiten gesichert wurde, folgte. Soweit ein ganz normaler Vorgang. Wäre es nicht die EGS, die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, gewesen. Der Einsatzleiter war Oberst Wolfgang P., freiheitlicher Gemeinderat in Niederösterreich. Für die vereinigte Linke war ab diesem Zeitpunkt klar, dass es sich nur um eine FPÖ-Verschwörung handeln konnte. 

Die Hausdurchsuchung im BVT lief nach einhelliger Aussage korrekt und professionell ab. Auch die medialen Darstellungen, wonach von den Polizisten besonders brutal, mit Sturmhaube und Sturmgewehr das BVT de facto ‚überfallen‘ wurde, haben sich mittlerweile als Märchen herausgestellt. 

Nach der Hausdurchsuchung zeigte sich eindrucksvoll, dass – wie schon Metternich feststellte – der Balkan am Rennweg anfängt.

Die Rolle von Herbert Kickl 

Innenminister Herbert Kickl war als Ressortchef natürlich letztverantwortlich für alle Vorgänge in seinem Ministerium. Wenn Vorkommnisse bekannt werden, die in der ersten Betrachtung vermutlich eine strafrechtlich relevante Komponente in sich tragen, muss der Minister aktiv werden. 

Aber kann man den Innenminister für eine Hausdurchsuchung nach Anordnung der Staatsanwaltschaft wirklich zur Verantwortung ziehen? Natürlich nicht! Die Gewaltentrennung gilt selbstverständlich auch dann, wenn der Innenminister von der FPÖ gestellt wird. Sowohl die Staatsanwältin als auch ihre Vorgesetzte haben beide klar und unmissverständlich betont, dass die Hausdurchsuchung und die Ermittlungen im BVT alleine die Entscheidung der Staatsanwaltschaft war. Ohne Druck aus dem BMI.

Augenmaß verloren

Die Wahrheit ist jedenfalls viel gewöhnlicher, als von der Opposition dargestellt. Es gilt mittlerweile als Binsenwahrheit, wonach die ÖVP im Innenministerium, aber auch im BVT wesentliche Schlüsselfunktionen und Sektionen mit ihren Parteigängern bzw. ihren engsten Vertrauten besetzt hat. Das Problem bei byzantinistischen Systemen besteht immer auch darin, dass das Augenmaß verloren geht und dass sich mitunter Personen andienen, deren Motive nicht immer ganz sauber scheinen.

Aus diesem Grund musste Herbert Kickl auch weg. Wer sich den ÖVP-Machenschaften allzu sehr nähert, ist eine reale Gefahr für die Volkspartei. Egal ob Schwarz oder Türkis. Und genau deswegen sollte die FPÖ sehr wachsam sein, wenn es darum geht, dass die Volkspartei personelle Forderungen an die Freiheitlichen stellt. 

 

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Über den Autor

Hans-Jörg Jenewein ist 1974 in Wien geboren, verheiratet und Vater von drei Kindern. Von 2017 bis 2019 war er für die FPÖ Abgeordneter zum Nationalrat. Im BVT-Untersuchungsausschuss war er Fraktionsführer seiner Partei. Auf Grund des schwachen Wahlergebnisses der FPÖ bei der Nationalratswahl 2019 schaffte Jenewein den Einzug ins Parlament nicht mehr. Mehr über ihn erfahren Sie auf Facebook.

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