Ex-FPÖ-Landesrat Podgorschek: „Na gut, dann trete ich zurück“

Ex-FPÖ-Landesrat Podgorschek: „Na gut, dann trete ich zurück“
Bild: Info-DIREKT

Info-DIREKT traf sich mit Elmar Podgorschek in seinem Wohnhaus in Ried im Innkreis (Oberösterreich). In seiner gut sortierten Bibliothek  erzählte Michael Scharfmüller von seinem plötzlichen Rücktritt als Landesrat und von den Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit der ÖVP. Zudem war die Einschränkung der Meinungsfreiheit ein Gesprächsthema.

Dieses Interview ist im Printmagazin Nr. 31 „Die Grünen: Über den Tisch gezogen und nach rechts gerückt!“ erschienen, das Sie jetzt kostenlos zu jedem Abo erhalten.

Info-DIREKT: Herr Podgorschek, wie kann man sich das vorstellen, wenn man von einem Tag auf dem anderen plötzlich nicht mehr Landesrat ist?

Elmar Podgorschek: Das ist sicher nicht einfach. Mein Tag war sehr strukturiert. Ich bin spätestens um sieben Uhr früh vom Dienstauto abgeholt worden und habe bis zu sieben Tage in der Woche gearbeitet. Das ist, wie wenn man mit dem Auto mit 130 fährt und plötzlich auf Null herunterbremst. Es gibt manche, die vertragen das, manche verkraften es weniger.

Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ sollte weitergehen

Info-DIREKT: Wie haben Sie das verkraftet?

Podgorschek: Ich habe es – glaube ich – sehr gut verkraftet, dank meiner Familie. Ich habe drei Enkelkinder und neben der Politik auch andere Interessen. Es war sicher nicht leicht, weil ich mir keiner Schuld bewusst bin. Dennoch war es für mich wichtig, dass ich diesen Schritt gesetzt habe. Für mich ist es nämlich in erster Linie darum gegangen, dass die Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ weiterhin erhalten bleibt.

Info-DIREKT: Aus Ihrer Antwort hört man heraus, dass Ihr Rücktritt nicht ganz freiwillig war. Was hat zu Ihren Rücktritt geführt? In Wirklichkeit kann das ja nicht das AfD-Video gewesen sein.

Podgorschek: Nein, das kann es nicht gewesen sein, weil mir die ÖVP in einer geheimen Abstimmung im Landtag im Juli 2018 zu 100 Prozent das Vertrauen ausgesprochen hat.

Druck durch die Ibiza-Affäre

Info-DIREKT: Was war dann auschlaggebend?

Podgorschek: Es war einfach der Druck aus Wien nach der Ibiza-Affäre einfach sehr groß. Wir waren in Oberösterreich die letzte schwarz-blaue Regierung. Da war es wichtig, dass diese weiterhin bestehen bleibt. Wir müssen ja auch der Bevölkerung nach wie vor beweisen, dass wir regieren können. Nachdem ich der älteste in der Landesregierung war und die ÖVP ein klares Zeichen sehen wollte, dass die Zusammenarbeit weitergeht, habe ich gesagt, na gut, dann trete ich zurück.

Info-DIREKT: Kann man sich das so vorstellen, dass das, was mit Herbert Kickl als Innenminister in Wien passiert ist, mit Elmar Podgorschek in Oberösterreich passiert ist?

Podgorschek: Ich will mich mit Herbert Kickl jetzt nicht vergleichen. Es ist für mich einfach so, dass mir das Gesamtwohl der Partei wichtiger ist als mein Einzelschicksal. Aufgrund meines Alters bin ich zum Glück nicht mehr so von der Politik abhängig.

Die ÖVP: „situationselastisch“

Info-DIREKT: Die Zusammenarbeit mit der ÖVP dürfte also doch nicht immer ganz so einfach sein.

Podgorschek: Die Zusammenarbeit mit der ÖVP in Oberösterreich war immer sehr korrekt. Als die türkis-blaue Bundesregierung auseinandergegangen ist, hat man aber gesehen, dass es oft nicht so leicht ist. Die ÖVP hat nämlich vielleicht den großen Nachteil, dass sie keine ideologische Festigkeit, sondern eine große Bandbreite hat, dadurch muss sie viel situationselastischer sein. Deshalb wundert mich das auch nicht, dass sie einmal mit uns koaliert und dann gleich darauf mit den Grünen. Für die ÖVP ist es in erster Linie wichtig, dass sie die Macht erhält. Das meine ich nicht einmal negativ, man muss sich dessen nur bewusst sein, wenn man mit ihr zusammenarbeitet. Man kann viele Dinge – so wie in Oberösterreich – gut mit ihnen umsetzen.

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Einschränkungen der Meinungsfreiheit

Info-DIREKT: Die Regierungen in Österreich und Deutschland haben einiges geplant, um die Meinungsfreiheit weiter einzuschränken. Wie, glauben Sie, wird das weitergehen?

Podgorschek: Für mich ist das ein Ausdruck der Schwäche, wenn sich eine Gesellschaft bzw. eine Regierung nur mehr durch Verbote behaupten kann, dann ist sie früher oder später dem Untergang geweiht. Ich halte diese Entwicklungen für äußerst bedenklich. Wir sind von einer liberalen Gesellschaft weiter weg als wie noch vor 20, 30 Jahren. Damals konnte man noch viel leichter einen offenen Diskurs führen. Ich stelle sogar die Behauptung auf, dass 1989 der Kommunismus als Wirtschaftssystem untergegangen ist, aber der Gesellschafts-Marxismus jetzt mitten in unserer Gesellschaft sitzt. Historisch würde ich diese Phase mit dem Vormärz im 19. Jahrhundert vergleichen. Begonnen hat das mit den „Karlsbader Beschlüssen“ 1819. Ob das wieder zu einer bürgerlichen Revolution wie 1848 führt, kann man schwer voraussagen. Ich glaube jedoch, dass die Menschen diese Bevormundung irgendwann nicht mehr ertragen wollen.

Rückzug in persönliches Biedermeier

Info-DIREKT: Was soll man dann jetzt tun, wenn man der Entwicklung etwas entgegensetzen möchte? Wenn man das Entstehen eines autoritären Systems verhindern möchte, bevor es an die Macht kommt?

Podgorschek: Ich habe in meinem ganzen Leben dafür angekämpft und habe mich bewusst in der FPÖ engagiert, weil die FPÖ ein Garant für freies Denken ist. Für mich ist die Freiheit ein ganz hohes Gut. Wenn ich nicht mehr frei denken darf und das freie Wort nicht mehr verwenden kann, bin ich in einem autoritären Staat. Ich glaube, dass sich viele Bürger in ein persönliches Biedermeier zurückgezogen haben und zwar viele so denken wie ich, aber sich das keiner mehr zu sagen traut. Diese Entwicklung ist für mich äußerst bedenklich. Das Ganze wird nur unter dem Pseudonym „Hass im Netz“ vorangetrieben. In Wirklichkeit geht es da um etwas ganz anderes.

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„Speerspitze des Deep State“

Info-DIREKT: Welche Rolle spielen dabei die Medien?

Podgorschek: Die Medien haben im 19. Jahrhundert die Freiheit erlangt. Jetzt ist es so, dass sie schon in vorauseilendem Gehorsam die Regierung unterstützen. In Wirklichkeit sind sie die Speerspitze des sogenannten „Deep State“. Deshalb ist es für mich umso wichtiger, dass man alternative Medien fördert. Man muss ja nicht alles gutheißen, was darinsteht, aber für mich ist es wichtig, dass man auch eine Gegenposition lesen kann. Ganz klar ist für mich auch, dass eine Grenze zum Extremismus gezogen werden muss. Da zählt für mich die Definition des Verfassungsdienstes.

Gefahr für Demokratie und Gesellschaft

Info-DIREKT: Wie definiert der Verfassungsdienst „Extremismus“?

Podgorschek: Extrem ist man dann, wenn man Gewalt zur Erreichung politischer Ziele befürwortet. Da ist für mich die Grenze und nicht das, was man denkt. Wir sind leider in einer Gesellschaft, wo die Bandbreite der Meinungsfreiheit immer mehr reduziert wird. Man unterscheidet nicht mehr zwischen „rechts“, „rechts-konservativ“, „rechts-liberal“, „rechtsradikal“ und „rechtsextrem“. Das wäre so, als wenn ich sagen würde: Jeder, der sozial denkt, ist ein Kommunist. Solange keiner zu Gewalt aufruft, sondern einfach seine Meinung kundtut – und die muss ich nicht immer teilen -, ist für mich ganz klar, dass das erlaubt sein muss. Von dem sind wir mittlerweile so weit weg, dass es für mich eine Gefahr für die Demokratie und die Gesellschaft bedeutet.

Über Elmar Podgorschek

Elmar Podgorschek, geboren 1958 in Ried im Innkreis (Oberösterreich), ist seit seiner Jugend in der FPÖ tätig. 2009 war er Bundesrat und von 2010 bis 2015 saß er für seine Partei im Nationalrat. Von Oktober 2015 bis zum 20. Mai 2019 war er Sicherheitslandesrat in Oberösterreich.

Podgorschek ist verheiratet und hat drei Kinder und drei Enkelkinder. Bevor er Berufspolitiker wurde, führte er einen Familienbetrieb für Farbhandel.

 

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