Auch linke Kurden stehen zu ihrem eigenen Volk

Bilder: Kurdishstruggle via flickr.com (CC BY 2.0), Presseservice Wien, presse-service.at (CC BY-NC 4.0)

Vier Tage lang sind sich in Wien-Favoriten türkische Nationalisten und Kurden gegenübergestanden. Immer wieder hat es dabei zwischen den beiden Gruppierungen ordentlich gekracht. Sie lieferten sich „Scharmützel mit der Polizei und verwüsteten dabei ganze Straßenzüge“, war in etablierten Medien zu lesen.

Dieser Beitrag von Herbert Fritz ist im Printmagazin Nr. 33 „Nein zur globalen Kulturrevolution“ erschienen, das Sie jetzt kostenlos zu jedem Abo erhalten.

In diesen vier Juni-Tagen erlebte Österreich eine Premiere: Es war das erste Mal, dass nicht „Linke“ die Angreifer waren, sondern angegriffen wurden. Auf der einen Seite linke Kurden, verstärkt durch österreichische Linksextremisten, die eine angemeldete Demonstration abhielten, auf der anderen Seite die Angreifer, kurdenfeindliche erdoganisierte Türken, verstärkt durch kleine Gruppen von Syrern und Afghanen. Die Polizei geht nicht nur von gezielten Aktionen der Angreifer, sondern auch von einer Einflussnahme des türkischen Geheimdienstes aus.

Erdogan wird die Türkei zu klein

Tatsächlich scheint dem türkischen Präsidenten die Türkei für seinen Betätigungsdrang zu klein geworden zu sein. Seit 2003 hatte Recep Tayyip Erdogan Schritt für Schritt seine Macht ausgebaut. Und das Verfassungsreferendum vom 16. April 2017, in dem er sich weitgehende Rechte und Befugnisse sichern konnte, stellt den bisherigen Höhepunkt seiner politischen Laufbahn dar.

Den Selbstmordanschlag von Suruc am 20. Juli 2015 mit 32 Toten und über hundert Verletzten hatte er zum Anlass genommen, verstärkt gegen die Kurden im eigenen Land und in Syrien vorzugehen sowie seine Unterstützung der islamistischen Anti-Assad-Kämpfer zu  verstärken. Sein politischer Flirt mit Moskau erweiterte seinen politischen Spielraum, und das auf Drängen der deutschen Bundeskanzlerin abgeschlossene Flüchtlingsabkommen, das Abkommen vom 18. März 2016, das ihn zum Schleusenwärter jener Flüchtlingsströme machte, die hauptsächlich er selbst verursacht hatte, eröffnete ihm die Möglichkeit, die europäischen Staaten zu erpressen. Dass Erdogan auch auf seine Landsleute in Europa, mit oder ohne türkischem Pass, Einfluss nimmt und sie für seine Zwecke einspannt, ist hinlänglich bekannt.

Kurden für Volkserhalt

Im März 2015 sagte mir auf meinen Hinweis, dass Abdullah Öcalan nicht mehr einen eigenen Kurdenstaat anstrebe, ein Kommandant einer Gruppe von YPG-Kämpfern vor Sindschar: „Der Staat ist nicht so wichtig. Wichtig ist die Erhaltung des Volkes.“ Ähnliche Aussagen konnte ich in den kurdischen „Kantonen“ Syriens öfters hören! Und das von sogenannten „Linken“! Als ein bundesdeutscher Journalist 2015 Anwar Muslim, den Premierminister von Kobane, im Rahmen eines Interviews fragte, ob er als linker Politiker auch entsprechend linke Politik mache, kam die überraschende Antwort: „Ich mache einmal linke und einmal rechte Politik. Je nach dem, was dem Volke nützt!“

Tatsächlich lassen sich linke Kurden nicht mit unseren heutigen Linken vergleichen, unter denen sich viele Nestbeschmutzer, Denunzianten und Nationalmasochisten befinden.

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Unabhängigkeitsbewegungen meist linksnationalistisch

Selbst im Kommunismus gab es nationale Strömungen und Perioden. Tatsächlich gab und gibt es eine Reihe von Regimen, die als „linksnational“ bzw. linksnationalistisch“ bezeichnet werden. Dazu gehörten in der Vergangenheit die Unabhängigkeitsbewegungen in der Dritten Welt, gehörte – und gehört – der arabische Nationalismus, vertreten vor allem, aber nicht nur, durch die Baath-Parteien in Syrien und im Irak.

Auch im heutigen Europa sind – allerdings nur außerhalb des deutschen Sprachraumes – linksnationalistische Gruppierung anzutreffen, wie beispielsweise die Euskal Herria Bildu (EH Bildu), die zweitstärkste Partei im spanischen Baskenland, die in nationaler Hinsicht die gleichen Ziele wie die bürgerliche EAJ/PNV verfolgt.

Ziele jenseits von links und rechts

Natürlich haben die linken Kurden – wobei es sehr wohl auch Konservative, vor allem im Irak, gibt – andere gesellschafts- und wirtschaftspolitische Vorstellungen als bürgerliche Menschen in Mitteleuropa und werden leider auch von Linksextremisten mitunter missbraucht, aber sie kämpfen für ihre nationale Existenz, für die Verwirklichung des „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ – und dieses steht jenseits von rechts und links.

Kein Platz für ethnische Konflikte in Europa

„Ein Volk, das um nichts anderes kämpft als um sein natürliches und verbrieftes Recht, wird den Herrgott zum Bundesgenossen haben“, rief einst der volksverbundene Südtiroler Kanonikus Michael Gamper seinen unterdrückten Landsleuten zu. Der Satz gilt genauso für die Kurden wie für alle anderen unterdrückten Völker. Jedoch gilt auch, dass Europa nicht zum Austragungsort für außereuropäische ethnische Konflikte werden darf. 

 

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