Der Terroranschlag am Breitscheidplatz: Der Fall Amri

Der Anschlag am Breitscheidplatz: Der Fall Amri
Bild LKW: Emilio Esbardo - File:01 Breitscheidplatz Berlin via wikipedia.org (CC BY-SA 4.0)

Die Terroranschläge in Dresden und Wien waren nicht die einzigen Fälle, die durch aufmerksames und konsequentes Handeln hätten verhindert werden können.

Dieser Artikel von R. Müssig ist im Printmagazin Nr. 35 „Augen auf bei Islamismus und Verfassungsschutz“ erschienen, das Sie jetzt kostenlos zu jedem Abo erhalten.

Bereits Ende 2016 warf der Terroranschlag des amtsbekannten Tunesiers Anis Amri, der zu diesem Zeitpunkt als abgelehnter Asylwerber in Berlin lebte, viele Fragen auf.

Zur Erinnerung: Der eigentlich längst ausreisepflichtige Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen in seine Gewalt gebracht. Mit dem tonnenschweren Fahrzeug raste er in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Dabei tötete er elf Personen und verletzte Dutzende weitere schwer.

Zahlreiche Ermittlungspannen

Die polizeilichen Ermittlungsarbeiten in diesem Fall standen von Anfang an unter keinem guten Stern. So wurde der LKW am Tatort bis zum Eintreffen der Spurensuche nicht gesichert. Auch der Abtransport des LKW zur genaueren Durchsuchung verzögerte sich. Deshalb konnte erst am Nachmittag des nächsten Tages die Identität des flüchtigen Täters festgestellt werden. Im Fahrzeug sollen die Geldbörse, ein Asyldokument und ein Handy des flüchtigen Täters gefunden worden sein. Ein weiteres Handy, mit dem der Täter kurz vor der Tat noch mit seinem IS-Mentor telefoniert hatte, fanden die Ermittler im Kühlergrill des LKW. Wie es dort hingelangen konnte, ist bis heute ungeklärt.

Späte Fahndung

Erst zwei Tage nach der Tat wurde der 24-Jährige von der Generalbundesanwaltschaft als dringend Tatverdächtiger zur Fahndung ausgeschrieben. Auf seiner Flucht durchquerte Amri die Niederlande und Frankreich, bevor er in Italien von der Polizei bei einer Routinekontrolle erschossen wurde.

Ermittlungspannen und fragwürdige Sachverhalte gab es jedoch nicht nur unmittelbar nach der Tat, sondern auch im Vorfeld:

Bereits seit Herbst 2016 dürfte dem Landeskriminalamt Berlin bekannt gewesen sein, dass Amri „gewerbsmäßigen, bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln“ betrieb. Um diesen Umstand zu verheimlichen, soll es auch zu einer Dokumentenfälschung durch Beamte gekommen sein – die Ermittlungen diesbezüglich wurden jedoch eingestellt. Obwohl Amri zudem bereits seit November 2015 als Gefährder eingestuft war, wurde er nicht verhaftet.

Vertuschen statt aufklären

Darüber, weshalb sich beim „Fall Amri“ derart viele Ermittlungspannen und Ungereimtheiten häufen, wird spekuliert. Der grüne Bundestagsabgeordnete Ströble vermutete 2017 beispielsweise, dass Amri trotz schwerer Verdächtigungen auf Wunsch der US-Behörden nicht inhaftiert wurde. Wiederum andere vermuten, dass die Geheimniskrämerei der Behörden und der Regierung daran liege, um verdeckte Ermittler nicht zu gefährden. Einer dieser V-Männer erhob im März 2020 schwere Vorwürfe gegen die deutschen Sicherheitsbehörden. Dabei zeigte er sich davon überzeugt, dass der Anschlag am Breitscheidplatz hätte verhindert werden können,  wenn seine Warnungen nicht ignoriert worden wären.

Spannend ist auch, dass Amri mit einem  mutmaßlichen Agenten des marokkanischen Geheimdienstes, Ben Ammars, in Kontakt gewesen sein dürfte. Laut „Focus online“ soll ihm dieser auch bei der Flucht behilflich gewesen sein. Anstatt Ammars zu befragen, wurde er jedoch als „gefährliche Person“ nach Tunesien abgeschoben.

Die deutschen Behörden gestehen im Fall Amri zwar Fehler ein, an echter Aufklärung dürfte jedoch niemand wirkliches Interesse haben.

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