Meuthen 2.0? Nicolaus Fest (AfD) stichelt gegen eigenen Bundesvorstand

Meuthen 2.0? Nicolaus Fest (AfD) stichelt gegen eigenen Bundesvorstand
Bild Nikolaus Fest (AfD): Von <a href="//commons.wikimedia.org/wiki/User:Elekes_Andor" title="User:Elekes Andor">Elekes Andor</a> - <span class="int-own-work" lang="de">Eigenes Werk</span>, CC BY-SA 4.0, Link; Bildkomposition: Info-DIREKT

Es ist immer das gleiche Spiel: Politiker, die sich in der AfD nicht durchsetzen können, stellen plötzlich fest, wie schrecklich ihre eigene Partei in Wirklichkeit ist. Unter großem Mediengetöse verlassen sie daraufhin die Partei. Ihr fürstlich bezahltes Mandat, das sie durch die Partei erhalten haben, behalten sie freilich trotzdem immer.

Ein Kommentar von Michael Scharfmüller

Jüngstes Beispiel dafür ist Ivo Teichmann, Landtagsabgeordneter der AfD in Sachsen. In der AfD-Sachsen zeigt man sich über den Austritt von Teichmann wenig überrascht. So meint ein AfD-Mitglied aus Sachsen gegenüber Info-DIREKT:

Der Austritt war zu erwarten, weil sich es Teichmann durch zahlreiche Aktionen in seinem Kreisverband ‚Sächsische Schweiz-Osterzgebirge‘ unbeliebt gemacht hat. Er wurde nicht einmal als Delegierter für die Landesparteitage gewählt. Eigentlich wird dazu jedes Landtagsmitglied gewählt.“

In Teichmanns Begründung für seinen Parteiaustritt ist von seiner eigenen Unfähigkeit selbstverständlich nichts zu lesen. Als Gründe für seinen Austritt führt er stattdessen an, dass die AfD „nicht koalitionsfähig“ sei und „sich viel zu wenig öffentlich von extremistischen Personen, Vereinigungen oder Parteien, wie zum Beispiel den ‚Freien Sachsen'“ abgrenze, obwohl er dies in einem Facebook-Posting schon einmal „analytisch“ kritisiert hatte.

Medien auf der Suche nach einem neuen Nestbeschmutzer

Viel interessanter als der Austritt von Ivo Teichmann ist jedoch der Umstand, dass etablierte Medien genau wissen, bei welchem AfD-Politiker sie nachfragen müssen, um einen Keil in die Partei zu treiben. Erster Ansprechpartner in solchen Sachen waren lange Zeit Jörg Meuthen und dann Joana Cotar – beide haben ihre Mandate zwar behalten aber die AfD endlich verlassen. In der AfD vermisst die beiden Quertreiber niemand. Den etablierten Medien sind mit Meuthen und Cotar jedoch zwei wichtige Ansprechpartner für Anti-AfD-Berichterstattung verloren gegangen.

Erfolgloser Nicolaus Fest als Meuthen 2.0?

Mit Nicolaus Fest, dem Chef der AfD-EU-Delegation, hat der „Mitteldeutsche Rundfunk“ (MDR) jedoch schon Ersatz für Meuthen und Cotar gefunden. Fest ist ziemlich erfolglos:

  • So konnte er sich in seinem Landesverband Berlin nicht durchsetzen und
  • mit seinem Vorschlag für den AfD-Bundesvorstand blitzte er ebenso ab,
  • wie mit seiner eigenen Kandidatur.
  • Mit viel Mühe und Not und zahlreichen Telefonaten konnte er sich zumindest als Leiter der AfD-Delegation im EU-Parlament durchsetzen. (In diesem Video mit Fest macht sich FPÖ-EU-Abgeordneter Roman Haider darüber lustig.)
  • Laut Medienberichten soll Fest mittlerweile in Kroatien leben.

Angeblich bereits etwa zwei Wochen vor Teichmanns Partei-Austritt äußerte sich Fest gegenüber dem MDR zum Umgang der AfD mit den „Freien Sachsen“. Anstatt mehr Zusammenarbeit von patriotischen Kräften zu fordern, tritt er für noch mehr Abgrenzung ein:

„Wenn AfD-Leute auf der gleichen Veranstaltung Reden halten wie Vertreter der ‚Freien Sachsen‘, dann ist eine rote Linie überschritten. […] Eine gegenläufige Interpretation des Beschlusses ist schlicht Schwachsinn. Unvereinbarkeit heißt Unvereinbarkeit – Punkt.“

Die Gelegenheit endlich etwas mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, nutzt Fest auch, um gegen den Bundesvorstand, in den er selbst nicht gewählt wurde, zu wettern:

„Dass aber nichts passiert, das ist ein Versagen des Bundesvorstandes.“

Disziplinlosigkeit

Besonders absurd: Dass AfD-Politiker auf Veranstaltungen sprechen, bei denen auch „Freie Sachsen“ aufgetreten sein sollen, bezeichnet Fest als Disziplinlosigkeit. Wörtlich wird er vom MDR so zitiert:

„Schon diese Disziplinlosigkeit, sich entgegen eines Parteibeschlusses zu verhalten, verstehe ich nicht“ 

Interessant dabei ist, dass gerade immer jene Personen über Disziplin sprechen, die selbst am wenigsten haben. Disziplin wäre es nämlich auch, sich eigene Niederlagen einzugestehen anstatt bei jeder Gelegenheit die eigene Partei anzugreifen. Etwas Bescheidenheit würde Fest auch ganz gut zu Gesicht stehen. Die AfD kann nämlich ganz gut ohne ihn auskommen, umgekehrt ist das hingegen schon schwerer vorstellbar. Was die Ideen von Liberalalas Wert sind, wenn sie die AfD nicht als Vehikel benutzen können, haben nämlich Luke, Petry und Meuthen schon mit ihren neuen Parteien gezeigt – nichts. Hier nur ein Beispiel dafür: Jörg Meuthens Zentrumspartei scheitert an 2.000 Unterschriften-Hürde

Anmerkung vom 9. Jänner 2023:

Im ursprünglichen Kommentar war zu lesen:

„Trotzdem fühlt er sich dazu berufen, sich gegenüber dem MDR zu einem Parteiaustritt in Sachsen zu äußern.“

Nicolaus Fest hat uns per e-mail darauf hingewiesen, dass seine Stellungnahme gegenüber „dem MDR rund zwei Wochen vor dem Austritt Teichmanns lag“ und eine „Konstruktion eines solchen Zusammenhangs klar wahrheitswidrig“ sei.

Wir danken Herrn Fest für diesen Hinweis, der in dieser Deutlichkeit aus dem MDR-Artikel nicht hervorgeht!

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