Haftstrafe für serbischen Politiker: Droht jetzt Eskalation in Bosnien?

26. Februar 2025 / International

Bild Milorad Dodik: By © European Union, 2025, CC BY 4.0, Link

In Bosnien und Herzegowina wurden heute Mittwoch Milorad Dodik, Präsident der Republika Srpska (RS), und Miloš Lukić, kommissarischer Direktor des „Amtsblatts der Republika Srpska“, verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, Entscheidungen des Hohen Repräsentanten Christian Schmidt (CSU) nicht umgesetzt zu haben.

Ein Gastkommentar von Vesna Jugojević

Ein Gericht in Sarajevo verurteilte Milorad Dodik in erster Instanz zu einem Jahr Haft. Zudem erhielt er ein sechsjähriges Verbot, politische Ämter in der RS auszuüben. Miloš Lukić wurde ebenfalls verurteilt, allerdings sind Details zu seinem Urteil noch unklar. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft können Berufung einlegen, ein endgültiges Urteil der zweiten Instanz wird bis Ende des Jahres erwartet.

Gefahr für den fragilen Staatsaufbau


Dieses Verfahren sorgt für heftige Kontroversen und könnte den Zusammenhalt des Landes sowie die Autonomie der RS nachhaltig beeinflussen. Es wirft zudem Fragen zur Legitimität und Durchsetzungskraft des Hohen Repräsentanten auf.

Das Daytoner Friedensabkommen von 1995 beendete den Bosnienkrieg und schuf ein Bosnien und Herzegowina mit zwei weitgehend autonomen Entitäten – der RS und der Föderation Bosnien und Herzegowina – sowie einer schwachen Zentralregierung. Der aktuelle Prozess wird als Gefahr für diese Struktur gesehen.

Hintergrund des Verfahrens


Die Anklage basiert auf Gesetzen der RS aus dem Jahr 2023, die Urteile des bosnischen Verfassungsgerichts für ungültig erklären sollten. Dodik unterzeichnete diese Gesetze, und Lukić veröffentlichte sie im Amtsblatt. Schmidt, der Hohe Repräsentant, reagierte mit einem Dekret, das solche Verstöße mit bis zu fünf Jahren Haft und einem Ämterverbot ahndet. Die Verteidigung argumentierte, Dodik habe nur seine verfassungsmäßigen Pflichten erfüllt, doch das Gericht sah dies anders.

Die Rolle des Hohen Repräsentanten


Christian Schmidt, seit 2021 Hoher Repräsentant, stützt sich auf die sogenannten Bonner Befugnisse, die ihm weitreichende Macht geben. Seine Ernennung ist jedoch umstritten, da sie ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrats erfolgte – Russland lehnte ab, China enthielt sich. Befürworter halten seine Rolle für nötig, um das Dayton-Abkommen zu schützen, Kritiker sehen darin einen Angriff auf die Souveränität der RS. Dodik selbst nennt Schmidts Ernennung rechtswidrig und hat dies oft lautstark betont – ein Stil, der ihn prägt, auch wenn tägliche öffentliche Angriffe nicht zwingend nötig wären.

Umsetzung des Urteils ungewiss


Rechtlich bleibt das Verfahren heikel: Die Anklage wurde als vage kritisiert, und Zweifel an der Unabhängigkeit des Gerichts bestehen. Dennoch hat das Urteil gezeigt, dass Dodik, der legitim gewählte Vertreter der bosnischen Serben, nicht unantastbar ist.

Ursprünglich wurde erwartet, dass ein Kompromiss gesucht wird, um die Autorität des Hohen Repräsentanten zu wahren, ohne die Stabilität zu gefährden. Doch die Verurteilung stellt nun eine klare Machtdemonstration dar – auch für die EU, die in Bosnien noch Einfluss hat, anders als in Regionen wie der Ukraine oder dem Nahen Osten.

Nach dem Krieg sicherte 1995 eine NATO-geführte Friedenstruppe die Ordnung, doch heute ist die westliche Präsenz schwach. Die Umsetzung des Urteils könnte schwierig werden: Die „Staatliche Untersuchungs- und Schutzbehörde“ (SIPA) unter Darko Ćulum, einem bosnischen Serben mit Nähe zu Dodik, wäre zuständig. Ein Zugriff auf Dodik könnte auf Widerstand der RS-Polizei stoßen, wie schon bei früheren Konflikten mit Schmidts Vorgänger Valentin Inzko (2009/2010). Damals zweifelte Dodik erfolgreich die Durchsetzbarkeit internationaler Maßnahmen an.

Internationale Auswirkungen


Die internationale Lage spielt eine Rolle: Seit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus könnte Dodik auf weniger Druck aus den USA stoßen. Der frühere US-Botschafter, ein Schmidt-Unterstützer, wurde abberufen, und Kontakte zu Trumps Umfeld bestehen – etwa zu Rudy Giuliani, der Dodik am 24. Februar 2025 in Banja Luka traf. Nach dem Urteil drohte Dodik mit „radikalen Schritten“, etwa einem Referendum über eine Konföderation mit Serbien – ein Vorhaben, das er oft erwähnt, aber nie umgesetzt hat. Das könnte Spannungen mit Sarajevo verschärfen, zumal die RS ethnisch gemischt ist, mit etwa 20 Prozent Nicht-Serben.

Einfluss der EU sinkt


Interessant ist, dass Dodik selbst 1998 mit EU-Unterstützung und unter militärischem Schutz eine gewählte Regierung der RS unrechtmäßig absetzte. Die Autonomie überstand diesen Eingriff – sie könnte auch jetzt bestehen bleiben. Doch politisch wäre es klüger gewesen, eine Verurteilung zu vermeiden. Kritiker sehen den Prozess als politisch motiviert, Befürworter als Schutz der Zentralregierung. Das Urteil stellt die Stabilität Bosnien und Herzegowinas auf die Probe und könnte das Dayton-Abkommen sowie die Rolle des Hohen Repräsentanten infrage stellen. Bei einer Berufung, die Dodik sicher einlegen wird, bleibt der Konflikt vorerst offen – mit ungewissen Folgen für das Land und die schwindende Rolle der EU.

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