Das Magazin Info-DIREKT will mit seinen Beiträgen zu etwas mehr Realitätssinn in politischen Diskussionen beitragen. Deshalb veröffentlichen wir bereits Texte zur notwendigen Wehrhaftigkeit und dazu, wie Diplomatie wirklich zu verstehen ist. Nun wollen wir mit dem naiven Glauben ans Völkerrecht aufräumen.
Ein Beitrag von Christoph Grubbinder
Der frühere SPD-Minister und heutige Cicero-Kolumnist Mathias Brodkorb kritisiert in einem Welt-Videokommentar das Völkerrecht als realitätsfernes Ideal, das in der aktuellen Weltlage zunehmend an Bedeutung verliere. In seinem Beitrag mit dem Titel „Das Völkerrecht ist tot“ spricht Brodkorb eine unbequeme Wahrheit aus:
„Das Völkerrecht ist tot – es lebt nur noch als Phrase“, so Brodkorb wörtlich.
Realpolitik statt Rechtsgläubigkeit
Das Völkerrecht habe sich zu einer bloßen Phrase entwickelt, während in der realen internationalen Politik wieder das Recht des Stärkeren gelte. Was einst als zivilisatorischer Fortschritt gedacht war, sei inzwischen weitgehend wirkungslos. Staaten agierten nicht nach juristischen, sondern nach strategischen Überlegungen. Brodkorb nennt in diesem Zusammenhang die USA, Russland, China, Iran und Israel. Diese Mächte, so Brodkorb, „tun, was sie können – nicht, was sie dürfen.“
Institutionen ohne Durchsetzungskraft
Brodkorb sieht die Wurzel des Problems im Konstruktionsfehler des Völkerrechts: Es fehlt an durchsetzbarer Gewalt. Der Internationale Strafgerichtshof sei machtlos, weil sich Staaten seiner Zuständigkeit entziehen könnten – ohne Folgen. Auch die UNO sei diesbezüglich "gelähmt, weil Vetomächte jede Resolution blockieren können, die ihren Interessen zuwiderläuft.“
Moral ohne Macht
Das Völkerrecht, so Brodkorb, verkomme zunehmend zu einer moralischen Folklore. Gerade kleinere Staaten würden sich darauf berufen – nicht aus Überzeugung, sondern mangels Alternativen:
„Wer sich auf das Völkerrecht beruft, demonstriert damit oft nur, dass er keine Machtmittel besitzt.“
Wirkung nur durch Stärke
Trotz aller Kritik erklärt Brodkorb das Völkerrecht nicht für vollkommen bedeutungslos. Es sei dort wirksam, wo es von Machtmitteln getragen werde – durch eigene Stärke, Bündnisse oder durch das Interesse starker Akteure an Ordnung. Ohne Macht bleibe das Völkerrecht jedoch ein „Papiertiger“.
Hier der Welt-Kommentar von Mathias Brodkorb auf YouTube:
Über Mathias Brodkorb:
Mathias Brodkorb (geb. 1977 in Rostock) ist ein deutscher Publizist, Philosoph und ehemaliger SPD-Politiker. Von 2002 bis 2019 war er Mitglied des Landtags Mecklenburg-Vorpommern. Von 2002 bis 2019 gehörte er dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern an. Zwischen 2011 und 2016 war er Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, anschließend bis 2019 Finanzminister des Landes. Bekannt wurde Brodkorb auch für Projekte, die er im "Kampf gegen rechts" initiiert hat, darunter "Endstation Rechts" und "Storch Heinar".
Nach seinem Rückzug aus der Politik arbeitet Brodkorb als Kolumnist und Autor. Hier seine jüngsten Bucherscheinungen:
- Gesinnungspolizei im Rechtsstaat? Der Verfassungsschutz als Gehilfe der Politik
- Postkoloniale Mythen. Auf den Spuren eines modischen Narrativs.