Unter dem Vorwand, man würde damit das beginnende Weihnachtsgeschäft am Wiener Ring massiv beeinträchtigen, ließ die Landespolizeidirektion Wien im Zusammenspiel mit der ÖVP-nahen Wirtschaftskammer zwei angemeldete regierungskritische Demonstrationen verbieten.
Ein Kommentar von Gerwin Lovrecki
Die Verzweiflung innerhalb der ÖVP muss wohl enorm sein. Seit Wochen reißt die Kritik an den Koalitionsgesprächen der "Zuckerl-Koalition" nicht ab.
Auch nach den vergangenen Wahlniederlagen der ÖVP steigt der Druck auf Karl Nehammer durch Interessensvertreter und Parteifunktionäre. Eine Großdemonstration gegen die bisherige und kommende Regierungspolitik passt daher sogar nicht ins Bild des Kanzlers und seiner Anhänger.
Zwei Demos angemeldet
Für Samstag, den 30. November wurden daher zwei große Demos unter dem Motto „Frieden und Neutralität" sowie „Gegen die Zuckerlkoalition“ angemeldet. In den Wochen zuvor fand dafür bereits eine große Mobilisierungskampagne statt, die auf großes Interesse und Zuspruch stieß. Dementsprechend war zu erwarten, dass es tausende Menschen nach Wien ziehen wird, um ihren Unmut gegenüber dem Verhalten der Regierung und ihre Forderungen für Frieden und Neutralität zum Ausdruck zu bringen.
Fadenscheinige Verbotsbegründungen
Doch das wollte man seitens der Behörden und der ÖVP wohl nicht zulassen. Die Demo wurde schließlich durch die LPD Wien verboten. Begründet wird das Verbot mit angeblichen Bedenken der Wirtschaftskammer, dass der Demozug am Wiener Ring für gigantische Umsatzverluste der dortigen Geschäfte sorgen würde. Auch ein scheinbares Problem mit CO2-Alarmen in Garagen wird herangeführt. So würden aufgrund der Verkehrssperren im Zuge der Demonstration Autos nicht mehr aus Garagen fahren können und die dadurch entstehende Abgasentwicklung dann dafür sorgen, dass dortige Messstationen Alarm schlügen.
Lächerlicher wird es wohl nicht mehr
Die angeführte Liste an Begründungen für das ausgesprochene Verbot liest sich wie ein schlechter Witz. Eine Absurdität und Unlogik überschlägt sich mit der nächsten. Es wird sehr schnell klar, dass hier scheinbar ganz andere Motive eine Rolle spielen. Man möchte öffentliche regierungskritische Kundgebungen im Keim ersticken. Denn bereits die Corona-Demos haben gezeigt, welch starke öffentlichkeitswirksame Bilder derartige Proteste produzieren können. Man möchte so gut es geht eine Protestwelle wie während der unsäglichen Coronamaßnahmen verhindern.
Das Demoverbot wird nichts nützen
Als Reaktion auf das Verbot gaben sich viele Demoteilnehmer und die Veranstalter zuversichtlich. Niemand möchte sich davon abhalten lassen, nach Wien zu fahren. Welche Protestaktionen und Demos jetzt genau behördlich erlaubt sind, ist allerdings aktuell sehr unübersichtlich. Genauere Infos können dazu auf dem InfoDirekt Telegramkanal gefunden werden.
Ein Eigentor der ÖVP
Mit dem Versuch, kritische Stimmen zu unterdrücken, hat sich die Regierung allerdings ein Eigentor geschossen. Denn durch das Verbot wurde indirekt im ganzen Land Werbung für die Demonstration gemacht. Auch entlarvt sich das System damit erneut mit seinem antidemokratischen Verhalten. Dieses wiederholte Einschneiden von Grund- und Freiheitsrechten dürfte damit übrigens auch Parteien wie die FPÖ und regierungskritische Protestbewegungen nur noch mehr stärken.