Wer sich distanziert, verliert: Die Unvereinbarkeitsliste muss weg!

AfD-Unvereinbarkeitsbeschluss
Symbolbild mit Model nachgestellt

Noch vor einem Monat dementierte der Bundesvorstand der AfD, dass die Bürgerbewegung „Freie Sachsen“, eine relativ junge Lokalpartei und einer der Hauptmotoren der Bürgerproteste gegen die umstrittenen Corona-Maßnahmen, auf der berüchtigten Unvereinbarkeitsliste der Partei landen würde. Daran scheint sich der Parteivorstand jedoch nicht erinnern zu wollen und erklärt die  „Freien Sachsen“ für mit der AfD unvereinbar.

Ein Kommentar von Joachim Wiessner.

Trotz allen vergangenen Dementierungen beschloss die AfD nun am Montag doch, die „Freien Sachsen“ auf die Unvereinbarkeitsliste der Partei zu setzen. Der Entschluss wurde wohlgemerkt einstimmig beschlossen, das heißt nicht nur mit den Stimmen der Vertreter des liberalen Flügels, sondern auch mit denen der sächsischen Vorstandsmitgliedern Tino Chrupalla und Carsten Hütter. Hauptgrund dürfte der politische Hintergrund einzelner Gesichter der „Freien Sachsen“ sein, die sich etwa in der Kommunalgruppe „Pro Chemnitz“ engagieren.

Höcke & Möller gegen Entschluss

Einer der Ersten, der kritisch Stellung zu dieser Entscheidung bezog, war wenig überraschend Björn Höcke. Wenig überraschend deshalb, weil Höcke bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass sein Verständnis von patriotischem Widerstand nicht am Parteibuch halt macht. In einer mit dem Thüringer Landessprecher Stefan Möller zusammen herausgegeben Erklärung kritisiert er, dass nun zwar Mitglieder der „Freien Sachsen“ auf der Unvereinbarkeitsliste stehen, nicht jedoch Mitarbeiter der verschiedenen Geheimdienste oder der Grünen. Für ihn reicht das Konkurrenzverhältnis als Ausschlussgrund für eine gleichzeitige Mitgliedschaft bei den „Freien Sachsen“ und der AfD aus, „denn natürlich sind die „Freien Sachsen“ auch eine mit der AfD konkurriende Partei.“ Doch sind sie das wirklich?

Die „Freien Sachsen“ verstehen sich selbst weniger als wahlpolitische Konkurrenz, sondern als Vernetzungsplattform für den patriotischen Widerstand. Die „Freien Sachsen“ haben daher auch vergleichsweise wenige eigene Mitglieder, bringen aber unterschiedliche Akteure des patriotischen Widerstandes zusammen und berichten immer wieder auch positiv über Politiker und Imitativen der AfD. Ob also wirklich ein klassisches Konkurrenzverhältnis vorliegt, ist zumindest diskutabel.

Höcke geht weit, Faeser geht weiter

Für AfD-Verhältnisse geht Höcke dennoch damit wieder einmal erfreulich weit und findet offene Worte. Diese sind jedoch immer noch lammfromm, wenn man sie mit den Stellungnahmen der neuen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vergleicht. Diese reagierte auf Kritik daran, dass sie für das Magazin einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation einen Gastbeitrag schrieb, mit Angriff:

„Ich habe immer klare Kante gegen Rechtsextremismus und alle Feinde der offenen Gesellschaft gezeigt – und werde das auch weiterhin tun“,

erklärte Faeser unter dem Jubel von linksaußen. Distanzierung, Verweis auf Konkurrenzverhältnisse, Relativierungen? Fehlanzeige, die antifaschistische Einheitsfront steht geschlossen gegen den patriotischen Gegner.

Von der Antifa lernen heißt Souveränität lernen?

Faesers Verhalten ist dabei genauso typisch für „links“ wie das der AfD für „rechts“. Während sich intern Antiimperialisten und Antideutsche seit Jahrzehnten (teilweise wortwörtlich) die Köpfe einschlagen, Kommunisten nun schon länger als 100 Jahre gegen die SPD „Wer hat uns verraten“ anstimmen und Autonome schon mal grüne Parteibüros angreifen, hält das linke Lager nach außen geschlossen zusammen. Ganz anders jedoch das patriotische Lager: Kein Stöckchen kann zu hoch gehalten werden, ohne das patriotische Akteure den Distanzierungssalto springen.

Dahingehend ist selbst Höckes Beitrag zu kritisieren, wenn er schreibt, dass es „grundsätzlich außer Frage steht“, dass ein „Großteil der dort (gemeint ist die Unvereinbarkeitsliste, Anm. d. Red.) aufgeführten Organisationen tatsächlich nicht mit der politischen Positionierung der AfD vereinbar ist. Das ändert aber nichts daran, dass die Unvereinbarkeitsliste in ihrem Fokus zu sehr verengt ist.“

Wer sich distanziert, verliert!

Wieso aber sollte etwa ein Familienvater, der vielleicht vor zwanzig Jahren in seiner Jugend in einer auf dieser Liste stehenden Gruppe aktiv war, heute kein gutes AfD-Mitglied sein können? Die AfD sollte endlich lernen, sich ihre Partner und Mitglieder nicht vom politischen Gegner – sei es direkt oder über von ihm besetzten Institutionen – diktieren zu lassen. Statt die Freien Sachsen auf die Unvereinbarkeitsliste zu setzen sollte sich die Partei lieber fragen, wieso sie als „Platzhirsch“ im patriotischen Lager –gerade in Sachsen! – nicht die Vernetzung und Förderung der Bürgerproteste übernimmt? Wer sich distanziert, verliert und wer als unterschiedliche Akteure des selben Lagers zusammensteht, gewinnt. Höchste Zeit, dass diese Erkenntnis auch im Parteivorstand ankommt!

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