Die Buntheit, die sie meinen: Die Demografie-Lüge

By SZERVÁC Attila (Own work) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

Mit verschiedenen Narrativen – mit sinnstiftenden Erzählmotiven – wird versucht über Medien und Politik eine positive Stimmung für Masseneinwanderung in der Bevölkerung zu schaffen. Mit der Serie »Die Buntheit, die sie meinen« wird jede Woche eine dieser Lügen aufgegriffen und kritisch betrachtet. Heute: Die Demografie-Lüge. 

Ein Kommentar von Siegfried Waschnig

Mit der Verwendung der Demografie-Lüge werden Ängste im Zusammenhang mit steigender Lebenserwartung, immer weniger geborenen Kindern und einer alternden und schrumpfenden Gesamtbevölkerung geschürt. Die Demografie-Lüge möchte uns glauben lassen, dass wenn die Geburtenrate nach unten geht, nur durch Zuwanderung Abhilfe geschaffen werden kann. Eine alternde Bevölkerung bedeutet in Zukunft auch höhere Staatsausgaben für Renten und ein mehr Bedarf an Pflegepersonal, das sich um unsere Alten kümmert. Viele Menschen aus der ganzen Welt stünden bereit, um so die entstandenen Lücken zu schließen.

Höhere Lebenserwartung – höhere Kosten

Wenn wir von einer Lebenserwartung von 90 Jahren ausgehen – was beim jetzigen medizinischen Standard durchaus realistisch ist –, 20 Jahre für Ausbildung einplanen und die Menschen 25 Jahre als Rentner leben wollen, dann verbleibt (theoretisch) eine Lebensarbeitszeit von 45 Jahren für jeden Menschen. Das läuft darauf hinaus, dass jeder Arbeiter einen Nicht-Arbeiter ernähren muss. Jede Arbeitskraft kann also selbst maximal 50 % davon konsumieren, was sie erwirtschaftet hat und muss den Rest der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.[1]

Verjüngung durch Zuwanderung ist der falsche Ansatz

Etablierte Politik will dieses Problem lösen, indem sie mehr Arbeiter ins Land holt, um unter ihnen die Verantwortung für die Versorgung der Alten aufzuteilen. Dazu braucht es aber Arbeitsplätze und – in einem Land mit hohem technischen Standards –  qualifizierte Zuwanderer, die diese Arbeitsplätze sinnvoll ausfüllen. Doch momentan gibt es weder die notwendigen Jobs, noch die qualifizierten Arbeiter. Um die Idee der »schließenden Lücke durch Zuwanderung« umzusetzen, braucht es Jahrzehnte, da die Zuwanderer erst auf das notwendige Niveau gebracht werden müssen um überhaupt dafür in Frage zu kommen. Diesen Sachverhalt vergessen die Etablierten oft bei ihrem Vorschlag zu erwähnen. Doch die Herausforderung der Überalterung lässt sich auch anders lösen.

Es geht auch anders

Die Lösung des Problems liegt in der Steigerung der Arbeitsproduktivität. In Agrargesellschaften werden 80 Arbeiter benötigt um 100 Menschen zu versorgen. In modernen Landwirtschaften ernährt aber auf Grund der höheren Arbeitsproduktivität eine Arbeitskraft 100 Personen.[2] Das heißt, die Menge der erzeugten Güter muss bei gleichbleibendem Arbeitseinsatz zunehmen, will man auf die sinkende Geburtenrate ohne Zuwanderung reagieren. Um die Arbeitsproduktivität zu steigern, ist aber technischer Fortschritt und hohe Qualifizierung der Arbeitskräfte notwendig. Genau diese Entwicklung passiert momentan in den Industrieländern. Dort tendieren die Menschen dazu, immer weniger Kinder zu bekommen, diese dafür aber besser auszubilden zu lassen und auf Grund der voranschreitenden Technik, werden immer mehr Arbeiten von Maschinen erledigt.[3]

Geburtenrückgang stellt keine Gefahr dar

Eine schrumpfende Bevölkerung stellt nicht unmittelbar eine Bedrohung oder ein Problem dar – im Gegenteil. Die Weltbevölkerung steuert im 21. Jahrhundert auf 11 bis 12 Milliarden Menschen zu.[5] Das stellt die Weltgemeinschaft vor große Herausforderungen, die die medizinische und grundlegende Versorgung der Menschen weltweit betreffen. Zusätzlich ist in Zukunft mit weiteren Migrationsbewegungen zu rechnen, die sich auf klimatischen Veränderungen zurückführen lassen. All das spricht für weniger Menschen auf unserem Planeten. Der Geburtenrückgang in Europa kann durchaus als Angleichung an diese Entwicklung gesehen werden.[6] Europa passt sich an.

Migration belastet auch das Ökosystem

In Afrika und den muslimischen Ländern findet diese Anpassung noch nicht statt. Obwohl sich auch in diesen Gegenden die Belastungen der Überbevölkerung bemerkbar machen, scheint dort die Annahme vorzuherrschen, »der Westen« biete genügend Platz, um den Druck aus den belasteten Gebieten zu nehmen. Im Westen scheint die Welt in Ordnung, die notwendigen Ressourcen vorhanden und ein besseres Leben möglich. Dass diese Kapazitäten aber nur für einen Bruchteil der Betroffenen in den anders entwickelten Ländern Afrikas und der muslimischen Welt ausreichen, scheint sich aber noch nicht herumgesprochen zu haben. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass der »ökologische Fußabdruck« eines Menschen in Europa größer ist als der eines Menschen in Afrika. Für den westlichen Lebensstandard wird mehr Energie verbraucht und mehr Müll produziert als im Rest der Welt. Migration in westliche Länder führt daher auch zu einer überproportional höheren ökologischen Belastung.[7]

Export von Geburtenüberschuss

Die Herausforderung einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung ist global betrachtet kein Problem. Die finanziellen Herausforderungen zur Absicherung der Rente ließen sich durch höhere Produktivität steigern, die aber gut ausgebildete Menschen erfordert. Dieser Prozess ist in Europa bereits im Gange, wird aber durch Migration aufgehalten. Gleichzeitig fühlen sich Menschen in Gebieten wie Afrika und der muslimischen Welt weniger motiviert ihre Geburtenrate anzupassen, wenn sie die Möglichkeit haben, ihren »Menschenüberschuss« nach Europa zu exportieren.

Neue Denkansätze

Migration löst weder die Ursachen der weltweiten Wanderbewegungen, hilft nur sehr kurzfristig einem Bruchteil der Betroffenen und ist ressourcenbedingt gar nicht in der Lage die Armut in der Welt zu lindern. Nur neue und vernünftige Denkansätze – frei von Ideologie – können diese Herausforderungen lösen. Etablierte Politik gehört nicht dazu. Auch wenn sie nach ihrem Versagen immer wieder andere Köpfe in den Vordergrund stellt und so Veränderung suggeriert.

Siegfried Waschnig ist Doktorand im Fach Philosophie, parlamentarischer Mitarbeiter, Vater von fünf Kindern. Er hält die Debatte über Kultur, Heimat und Zuwanderung nur auf Vernunftebene lösbar.

 

Literaturhinweis: Sieferle, Rolf Peter: Das Migrationsproblem. Über die Unvereinbarkeit von Sozialstaat und Masseneinwanderung. Waltrop/Berlin: Manuscriptum 2017.

 

 

[1] Sieferle: Migrationsproblem. S. 38.

[2] Sieferle: Migrationsproblem. S. 38f.

[3] Sieferle: Migrationsproblem. S. 39.

[4] Sieferle: Migrationsproblem. S. 39.

[5] Sieferle: Migrationsproblem. S. 39.

[6] Sieferle: Migrationsproblem. S. 40.

[7] Sieferle: Migrationsproblem. S. 41.

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