„Homohalal“: Gutmenschen und die kulturelle Hegemonie

Symbolbild: Francisco Peralta Torrejón 'Die Schutzbefohlenen' [CC BY 3.0] via Wikimedia Commons

Für Aufsehen sorgt die Aufführung einer ‚Integrations-Komödie‘ des syrisch-kurdischen Autors Ibrahim Amri über die Zukunft von Asylanten in Österreich. Dieses war vor zwei Jahren angesichts der aktuellen Thematik vom Wiener Volkstheater kurzfristig aus dem Programm gestrichen worden. Man fürchtete um einen „zu pessimistischen“ Ausblick. Auch die zwischenzeitliche Uraufführung von Homohalal in Dresden und die Jubelstimmung in den Feuilletons zeigen, dass die Gutmenschen nach dem politischen Machtverlust nun alles daran setzen, wenigstens ihre Hoheit in der Kultur zu bewahren. 

Kommentar von Julian P. Eschentharrn

Die Besetzung der Wiener Votivkirche durch pakistanische Asylwerber im Jahr 2012 gilt als Startschuss der gesellschaftlichen Einwanderungsdebatte in Österreich. Zunächst missbrauchten diverse Lobbygruppen die frierenden Migranten wochenlang um für ihre No-Border-Politik zu werben. Nun soll ausgerechnet das hypothetische Schicksal jener Migranten die Grundlage für eine „bitterböse Komödie“ liefern. Dass der Autor aber auch mit der Möglichkeit spielt, dass sich ein gutmenschliches Utopia ein eine von Unsicherheit geprägte Lage verschärfen kann, war vor zwei Jahren ein Grund für das Volkstheater, die Aufführung abzusagen:

„Der öffentliche Diskurs über Geflüchtete ist zur Zeit stark von Angst und Hass geprägt. In dieser Situation ist eine Dystopie – so vielschichtig und komisch sie im Fall von ‚Homohalal‘ sein mag – kein geeignetes Mittel zur Auseinandersetzung über die Zukunft schutzsuchender Menschen in Österreich“
Statement des Wiener Volkstheaters 2016

Mit ähnlicher Argumentation gelangt das Stück nun zurück ins Programm. So verwundert es wenig, dass ausgerechnet ein Theater in der PEGIDA-Stadt Dresden die Posse von Amri uraufführte und den Rahmen dabei den örtlichen Gegebenheiten anpasste. Und auch heute bezieht das Theater ‚Werk X‘ in Meidling, welches das Stück nun zurück in die Donaumetropole bringt, ganz eindeutig Position zu ihren politischen Absichten hinter der Aufführung. Man bezeichnet die berechtigten Sorgen der Bürger als „hysterische Diskussion“, beschimpft Patrioten und Einwanderungskritiker als „Fremdenfeinde“ und ortet einen „dramatischen Rechtsruck“. Bezeichnend.

Aktion offenbarte Doppelzüngigkeit

Die Sache mit den Asylanten ist übrigens nur die halbe Geschichte der Votivkirche. Anschließend erhielt die Situation nämlich durch die erste medienwirksame Aktion der Identitären Bewegung Österreich zusätzliche Brisanz. Diese machte durch eine Gegenbesetzung die Absurdität des Handelns der Pro-Asyl-Gruppen offensichtlich. Auch in der Reaktion des Establishments zeigte sich die Deutungshoheit der Gutmenschen. Während nämlich die ursprünglichen Besetzer und deren Helfer auch weiterhin als „Aktivisten“ bezeichnet werden, verdammte man die friedliche Aktion der Patrioten schnell.

Etwa Andreas Peham, früher Funktionär beim Kommunistischen Studentenverband (KSV) und heute medial hofierter ‚Rechtsextremismusexperte‘ des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW). Folglich verunglimpfte er die junge Gruppe als „Neonazis mit dem kleinen Latinum“. Diese und ähnlich fragwürdige Interpretationen bedient er seither regelmäßig. Freilich ohne stichfeste Argumente für eine solche Einstufung zu liefern. Für den Standard waren es gleich „Rechtsradikale“. Für den Kurier hingegen damals einfach nur „rechte Aktivisten“. Mittlerweile hat aber auch dieses Blatt seine Rhetorik nachgeschärft.

Homohalal offenbart Integrations-Problematik

Dabei bewegt sich das Stück immerhin in der Schnittmenge zwischen lachhaft verträumtem Wunschdenken und einem Hinweis auf die Realität. So ist das dargestellte Österreich des Jahres 2037 erst jüngst zum „linksliberalsten Land der Welt“ erklärt worden. Die ehemaligen Kirchenbesetzer haben längst Fuß gefasst, wirklich integriert sind sie aber immer noch nicht. Bei einer Trauerfeier treffen alle erstmals wieder aufeinander und lassen zuerst einmal verträumt die Geschichten von damals Revue passieren.

Schnell zeigt sich, dass alles eine Fassade ist. So wurde einer der damaligen Asylanten abgeschoben, weil seine Freundin ihm trotz Übertritts zum Islam keine Aufenthalserlaubnis mittels Heirat verschaffen wollte. Stattdessen ist sie nun gar die Imamin der grotesken Beerdigung. Ein anderer Iraker sträubt sich, die Homosexualität seines Sohnes zu akzeptieren. In den Worten des Homohalal-Autors seien die Asylwerber und Asylhelfer von damals innerhalb von 20 Jahren allesamt „fremdenfeindlich, sexistisch, homophob und konservativ geworden.“

Fehlende Reflektion der Gutmenschen

Am Ende bleibt zwar ein kurzweiliges Stück, welches in alle Richtungen austeilt und vor allem unterhalten möchte. Damit reiht es sich aber im schizophrenen Umgang der liberal-gutmenschlichen Kulturwelt natürlich in die Reihe der vielen „Multikulti-Kömodien“ ein. Eines haben alle solchen Produktionen gemein: dieselbe verklärte Interpretation. Anstatt anhand der oftmals nicht mehr schonend darzustellenden Realitäten umzudenken, bestärken es ihr Denken noch mehr. Ganz egal ob in Kebap für Alles ein alteingesessener Wiener Wirt sein Lebenswerk für einen türkischen Schnellimbiss aufgeben soll oder eine Jugendliche in Türkisch für Anfänger sich mit dem rückständigen Weltbild ihrer neuen Familie zurechtfinden muss. Am Ende bleibt immer dieser Alles wird Gut-Vibe, der die Multikulti-Blase quasi als unvermeidlichen Gang anpreist, für den man eben Kompromisse machen müsse.

Dass man unter Zuhilfenahme politischer Argumentation auch so zwielichtig mit dem Thema spielende Werke wie Homohalal für sich beansprucht und aufführt zeigt freilich, dass man gar nichts gelernt hat. Die Zuwanderer sind die Guten, ihre Werke sind aufzuführen, und das ganze sei ein Zeichen von (falsch verstandener) Solidarität gegen einen angeblichen „Rechtsruck“ in der Gesellschaft. Und der gesamte Mainstream-Blätterwald bis hin zu öffentlich-rechtlichen Angeboten dienen allzu gern als Sprachrohr dafür. Immerhin gilt es nach dem politischen Machtverlust offenbar, die gesellschaftliche Macht der Kulturschaffenden zu instrumentalisieren. Und wenn dazu wieder einmal, wie damals in der Votivkirche, unverblümt Asylanten dafür missbraucht werden.

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1 Kommentar

  1. Es ist sowas wie eine Religion, die da entstanden ist. Ohne Gott (oder auch mit, wenn es den Fremden gefällt), dafür Menschen und ein Menschenbild, um das sich alles dreht. Ein geschöntes Menschenbild, das man gerne hätte, dem entsprechend man sich verhält. Sie leben ihren Traum – ohne Rücksicht auf die Wirklichkeit, und in Ablehnung all derer die nicht ihrem Beispiel folgen.

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