Höcke (AfD) vs. Voigt (CDU): Viele Verlierer und wenige Gewinner

Höcke (AfD) vs. Voigt (CDU): Viele Verlierer und einige Gewinner
Bildschirmfoto vom TV-Duell Höcke vs. Voigt: Welt; Bildkomposition: Info-DIREKT

Bereits im Vorfeld hat das TV-Duell zwischen den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Thüringen, Björn Höcke (AfD) und Mario Voigt (CDU), viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Frage nach dem Gewinner der gestrigen Diskussion ist objektiv schwer zu beantworten. Wer die Verlierer des Abends sind, steht hingegen ganz klar fest.

Ein Kommentar von Michael Scharfmüller

ÖRR als Verlierer

Übertragen wurde das mit Spannung erwartete Duell von „Welt“, das zum Axel Springer Konzern gehört. Damit stellt sich die Frage, wozu deutsche Bürger Zwangsgebühren für den Öffentlich Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) bezahlen müssen, wenn solche Duelle dann erst von Privatsendern gebracht werden. Genau solche Formate zu produzieren, wäre eigentlich Aufgabe von ARD und Co. Wenn diese Rundfunkanstalten dieser Aufgabe nicht nachkommen, es aber private Medien tun, verliert der ÖRR zusätzlich an Vertrauen, Relevanz und Legitimation. Ein Verlierer des Tages ist damit der Öffentlich Rechtliche Rundfunk.

Brandmauer-Fetischisten als Verlierer

Weshalb ÖRR die AfD aus weiten Teilen der Berichterstattung nahezu ausschließt, ist auch klar. Die durch Zwangsgebühren bezahlten Haltungsjournalisten samt Einheitsparteien wollen die Brandmauer gegen rechts aufrechterhalten. Das kann jedoch nur gelingen, wenn diese geschlossen – quasi wie ein Mann – steht. Sobald der erste aus der Reihe tanzt, beginnt die Brandmauer zu bröckeln. Die „Welt“ und CDU-Politiker Voigt wurden durch das TV-Duell mit Höcke mit sehr viel Aufmerksamkeit belohnt. Da Politiker und Medien von Aufmerksamkeit leben, wird es zukünftig wohl noch schwieriger werden, das Sprechverbot zu AfD-Politikern aufrecht zu erhalten. Zu den Verlierern des Abends zählen damit auch alle Brandmauer-Fetischisten.

Wahlkampfauftakt verschlafen

Als weitere Verlierer des Abends sind jene Parteien zu nennen, die in Thüringen zur Landtagswahl antreten, aber das Gespräch mit Höcke bisher verweigerten. Das gestrige TV-Duell kann wohl als Wahlkampfauftakt für die Landtagswahl gewertet werden. Bei diesem Wahlkampfauftakt waren nur AfD und CDU anwesend. Während alle über das Duell diskutierten, wurde an die „Brandmauer“-Parteien und deren Spitzenkandidaten nicht einmal ein Gedanke verschwendet. Dadurch werden viele Thüringer den Eindruck bekommen haben, dass das Rennen um den Ministerpräsidenten ihres Landes Höcke gegen Voigt lautet. Die anderen Parteien haben damit einen Startnachteil.

Wer hat das Duell gewonnen?

Die Frage, wer das Duell aus objektiven Gesichtspunkten gewonnen hat, ist hingegen kaum seriös zu beantworten. Sympathien für Parteien und Politiker sind etwas Subjektives, die Frage nach einem objektiven Gewinner stellt sich daher in Wahrheit nicht wirklich. Wer die CDU mag, fand ziemlich sicher den Auftritt von Voigt gut. Wer die AfD toll findet, fand vermutlich auch den Auftritt von Höcke gut. Und wer für ein Haltungsmedium schreibt, muss sich davon überzeugt zeigen, dass Höcke verloren hat. Halbwegs objektiv kann daher nur gesagt werden, dass sich vor den eigenen Wählern keiner der beiden Politiker blamiert hat. (Das ist übrigens nicht immer so, wie ÖVP-Innenminister Karner diese Woche in einem ZIB2-Interview gezeigt hat.) 

Mario Voigt

Freilich, Voigt ergoss sich in der typischen CDU-Phrasendrescherei und wollte davon, dass seine Partei unter Merkel Deutschland und damit Europa ruiniert hat, nichts wissen. CDUlern wird dieser Umstand jedoch nicht aufgefallen sein, das ist schließlich ihre Welt. Natürlich beantwortete Voigt kritische Fragen nicht. Auf konservative Wähler, die das Spiel der CDU – vor Wahlen rechts blinken, um danach wieder links abzubiegen – noch nicht durchschaut haben, wirkte der CDU-Mann sicher halbwegs vernünftig.

Björn Höcke

Björn Höcke war vor allem zu Beginn der Diskussion sehr stark. Wäre es in dieser Tonart weitergegangen, hätte man wohl auch objektiv sagen können, dass er die Diskussion gewonnen hat. Zwischendurch gelang es den beiden Welt-Moderatoren und dem CDU-Politiker jedoch Höcke unter Druck zu setzen. Bei Fragen zu Höckes Buch hatte dieser Schwierigkeiten eine Antwort zu formulieren. Das mag verständlich sein, schließlich ist das Buch sechs Jahre alt und da darf man auch mal bestimmte Details vergessen, es wirkte aber nicht gut.

Auch bei der Frage, was er unter Remigration verstehe, antwortete der AfD-Politiker eher ausweichend. Seine Aussage, dass Remigration auch bedeute, dass man deutsche Fachkräfte, die ausgewandert sind, wieder zurück in die Heimat holen wolle, ist richtig und wichtig. Den Begriff aber hauptsächlich in diese Richtung auszulegen, ging dann selbst auch einigen Höcke-Fans doch etwas zu weit – wie man in einigen Instagram-Stories lesen konnte.

Wobei – auch was die geschichtlichen Themen der Diskussion betrifft –  ganz klar das zu sagen ist, was Politikwissenschafter Benedikt Kaiser im „Info-DIREKT Video-Interview“ auf den Punkt brachte: Politiker stünden unter anderen Sachzwängen als das patriotische Vorfeld, diesen Umstand müssten die Akteure des Vorfelds akzeptieren. Genauso wie die Partei akzeptieren müsse, dass das Vorfeld nicht der Parteilogik folgt. Mehr dazu im Video am Ende des Textes.

Zudem ist zu bedenken, dass Höcke sich nächste Woche wegen einer an sich harmlosen Aussage, die aus dem Zusammenhang gerissen wurde, vor Gericht verantworten muss, und auch deswegen vorsichtig sein muss. Zudem dürfte es Höcke bei der Diskussion darauf abgezielt haben, sich vor einem breiten Publikum als ganz normalen Politiker zu präsentieren.

CDU-Politiker Voigt konnte sein Ziel nicht erreichen

Höcke zu entzaubern, wie es Voigt im Vorfeld angekündigt hat, ist dem CDU-Politiker sicher nicht gelungen. So gesehen ist auch Mario Voigt ein Verlierer das Abends, weil er sein gestecktes Ziel nicht erreichen konnte. Zudem wird es spannend sein, wie das Establishment nun mit Voigt umgehen wird, nachdem er den „Unberührbaren“ Höcke im Form einer Diskussion eine Bühne bot.

Höcke zurück auf der Bühne der Bundespartei

Ein weiterer Aspekt des TV-Duells ist, dass sich Höcke damit auch innerparteilich zurückgemeldet hat. Nach dem Bundesparteitag in Magdeburg im letzten Jahr gab es Bedenken, dass sich Höcke zu wenig in die Geschicke der Bundespartei einbringen würde (Mehr dazu in diesen beiden „Info-DIREKT Live-Podcast“).

Hier das erwähnte „Info-DIREKT Video-Interview“ mit Benedikt Kaiser:

 

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