Sie schützen Heimat und Vaterland – der Südtiroler Schützenbund

Südtiroler Schützenbund
Bild: Südtiroler Schützenbund, www.schuetzen.com

Wann und wo immer sie aufmarschieren in ihrer pittoresken Montur — sie sind eine Augenweide fürs Publikum. Im alpinen Tourismus würden ihre Farbtupfer fehlen, träten sie nicht in Kompanie- oder Bataillonsstärke auf, wenn es gilt, gelebte Tradition augen- und ohrenfällig werden zu lassen. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass zwischen Oberbayern und Welschtirol beheimatete Schützenformationen an den meisten Urlaubsorten von Besuchern allzu gerne als folkloristische Draufgabe auf ihren wohlverdienten Ferienaufenthalt empfunden werden.

 

Von Reinhard Olt

Wer indes einmal einen Blick in eine Orts-
chronik oder gar in ein Geschichtsbuch wirft, dem wird sich die historische Dimension des Schützenwesens alsbald erschließen. Dies gilt im Besonderen für jene Landstriche, die einst das alte Tirol ausmachten, das „Land im Gebirg“, wie es oft in Urkunden bezeichnet wird. Dort geht die Existenz der Schützen auf das sogenannte Landlibell des Kaisers Maximilian I. (1459–1519) zurück.

Der letzte Ritter und das Landlibell

Der „letzte Ritter“, wie man ihn auch nennt, erließ 1511 jenen urkundlich verbrieften Rechtsakt, in welchem er die Freiheiten der Tiroler Stände festlegte und damit zugleich das Wehrwesen und damit die Organisation der Landesverteidigung durch Aufgebote städtischer und ländlicher Bewohner mitsamt einer Aufteilung der Mannschaftskontingente regelte. Das Landlibell legte fest, daß die Tiroler nicht verpflichtet waren, für einen Herrscher außerhalb der Landesgrenzen in den Krieg zu ziehen. Dafür sicherten die Stände zu, bei Feindeseinfall Tirol zu verteidigen.

 

Das Bergvolk, das Napoleon trotzte

Weithin bekannt wurde das Tiroler Schützenwesen vor allem durch die Abwehrkämpfe während der kriegerischen Einfälle der Bayern 1703 sowie der Franzosen (nebst ihrer bayerischen Verbündeten) in den Jahren 1796/97 und 1809. Die Bergisel-Schlachten unter dem aus dem Südtiroler Passeiertal stammenden Kommandanten und Volkshelden Andreas Hofer — plastisch und drastisch nachzuverfolgen am „Riesenrundgemälde“ im Tirol-Panorama, einem  2010 eigens errichteten Museum am gleichnamigen Berg nahe Innsbruck — trugen wesentlich dazu bei, dass der Mythos vom wehrhaften Bergvolk, das selbst Napoleon trotzte, in ganz Europa bekannt wurde.

 

Der legendäre „Freiheitsmarsch“

Bisher sichtbarster Ausdruck der Veränderung vom „unpolitischen“ — und von vielen abschätzig „heimattümelnd“ genannten —Charakter zu einem durchaus ernstzunehmenden politischen Faktor Tirols war der legendäre „Freiheitsmarsch“ der Schützen 2012  in Bozen. Damit war erstmals auch die personifizierte gesamttirolische Verbandseinheit dokumentiert worden, indem der Südtiroler Landeskommandant Elmar Thaler, der Nordtiroler Fritz Tiefenthaler und der Welschtiroler — damals Paolo Dalprà — an der Spitze den farbenprächtigen Zug von Tausenden ihrer Mannen nebst Marketenderinnen und Sympathisanten in gleichem Schritt und Tritt quer durch die Stadt auf den Platz vor das Landhaus (Landtag) zur Abschlusskundgebung führten.

Schluss mit der italienischen Verwaltung!

Dort fassten sie zusammen, was die einzelnen Kompanien in griffige Parolen gekleidet auf Spruchbändern mit sich geführt hatten und was Ziel dieses demonstrativen, aber gänzlich unmartialisch verlaufenen Aufmarschs sein sollte: Der „Mut zum Bekenntnis und zur Tat“ gipfelte in dem wider Italien gerichteten Slogan „Unser Staat ist das nicht“, respektive im Verlangen: „Schluss mit der italienischen Verwaltung“.

Wir sind das Volk – Los von Rom!

In Anlehnung an den November 1989 in der damaligen DDR hieß es auch auf rotweißen Spruchbändern, die der Tiroler Adler zierte: „Wir sind das Volk“. Womit zugleich das Verlangen nach Wiedervereinigung des seit 1918 geteilten Tirols Ausdruck fand. All das verdichtete sich in den beiden markanten Parolen von der „Ausübung des Selbstbestimmungsrechts“ und der „Verabschiedung aus Italien“, also dem „Los von Rom“.

Über Reinhard Olt:

Reinhard Olt gehörte 27 Jahre lang der F.A.Z.-Redaktion an. Seit 2012 lehrt er an österreichischen und ungarischen Hochschulen. Reinhard Olt wurden zahlreiche Auszeichnungen verliehen: Adler-Orden des Landes Tirol (1990), Verdienstorden der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol (2009), „Niveau“-Preis des ungarischen Außenministeriums (2010), Großer-Adler-Orden des Landes Tirol (2013), Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (2013).

Das Buch „Standhaft im Gegenwind – Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“

„Ereignisse „passieren“ nicht, Geschehnisse haben ihre(n) Vorläufer. Geschichte und Vorgeschichte bedingen einander. Um diese Erkenntnisse für wahr zu befinden, muss man sich nicht auf den englischen Historiker Arnold Toynbee oder den großen Preußen Leopold von Ranke berufen. Man darf sie getrost als gegeben voraussetzen, auch wenn man den Südtiroler Schützenbund (SSB) in den Blick nimmt, um dessen jüngere Geschichte darzustellen. Was sich insbesondere seit den 1990er Jahren im SSB zutrug, was ihm und seinen Formationen geschah, und was er dadurch bewirkte, dass er auf sein gesellschaftliches Umfeld einwirkte, soll im Folgenden aufbereitet werden.“ (Beschreibung von der Seite der Südtiroler Schützen) Das Buch von Reinhard Olt können sie hier käuflich erwerben. (Link zum Buch)

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