AfD-Politiker Sichert mobilisiert gegen Abschiebungen

AfD-Politiker Sichert mobilisiert gegen Abschiebungen
Bild AfD-Bundestagsabgeordneter Martin Sichert: Info-DIREKT; Hintergrundbild: By <a href="//commons.wikimedia.org/wiki/User:Ethan_Doyle_White" class="mw-redirect" title="User:Ethan Doyle White">Ethan Doyle White</a> - <span class="int-own-work" lang="en">Own work</span>, CC BY-SA 4.0, Link; Bildkomposition: Info-DIREKT

Jetzt, wo sich endlich auch für breite Massen zeigt, dass Patrioten mit ihrer Forderung nach dichten Grenzen immer Recht hatten, beginnen vereinzelt AfD-Politiker, den erfolgreichen Kurs zu verlassen. Einige davon meinen, dass ein Hauptproblem der Massenmigration nicht der Bevölkerungsaustausch, der Wohlstandsverlust und die Kriminalität wären, sondern der „importierte Antisemitismus“ (mehr dazu hier)

Ein Kommentar von Thomas Steinreutner über den Einsatz von AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Sichert für die Volksgruppe der Jesiden in Deutschland

Martin Sicherts Sonderweg

Andere wiederum meinen, sie müssten jetzt, wo sogar in der veröffentlichten Meinung, von Remigration und Massenabschiebungen die Rede ist, ihr eigenes Süppchen kochen. Einer davon ist AfD-Bundestagsabgeordneter Martin Sichert. Er setzt sich in sozialen Medien und im Bundestag dafür ein, dass Jesiden nicht aus Deutschland abgeschoben werden. Diese würden in Deutschland nämlich dringend als Fachkräfte benötigt. (Wer die Jesiden sind, lesen Sie am Ende des t

Was Sichert hier macht, ist eigentlich ein beliebtes Spiel der Willkommensklatscher. Er vermischt die beiden Themenbereiche Asyl und Arbeitskräfte. Das ist aber längst nicht alles. Viele AfD-Funktionäre und Wähler zeigten sich verwundert über eine Doku mit dem Titel „Deutschland schiebt die falschen (sic!) ab!“, die Sichert auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht hat. Darin wird gezeigt, wie sich Sichert bei einer Jesiden-Demo vor dem Reichstag in Berlin feiern ließ. An die dort versammelten Migranten richtete er folgende Worte:

„Ich verspreche Euch, wir werden Eure Anliegen in den Bundestag bringen. Wir werden öffentlichen Druck auf die Bundesregierung, auf die Landesregierung machen. Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass Jesiden in den Irak abgeschoben werden.“

Zudem kritisierte er, dass „tausende radikal-islamische Anhänger der Hamas“ auf Deutschlands Straßen feiern würden, von denen aber keiner abgeschoben werde, während „vielen gut integrierten Jesiden“ die Abschiebung drohe.

Ein Politiker, der sich gegen Abschiebungen von Migranten ausspricht, passt das zur AfD? Ein Blick in das Parteiprogramm gibt eine klare Antwort. Darin wird beispielsweise die Errichtung von Schutz- und Asylzentren außerhalb Europas gefordert:

„Anträge auf Schutz sollen nur noch dort gestellt und entschieden werden. Antragsteller in Deutschland und Europa sollen ausnahmslos zur Rückkehr in diese Zentren verpflichtet werden.“

Es gibt keinen Grund, weshalb man hier bei den Jesiden eine Ausnahme machen sollte.

Zum Thema Fachkräfte ist dem Parteiprogramm zu entnehmen, dass „die Versorgung des Landes mit qualifizierten Arbeitskräften in erster Linie über die vollständige Erschließung der einheimischen Potenziale erfolgen sollte.“ Bisher sind diese Potenziale sicherlich nicht ausgeschöpft.

Aufweichung der eigenen Position

Zudem ist zu betonen, dass die AfD dem weiteren Missbrauch des Asylrechts Tür und Tor öffnet, wenn

  • Asyl nicht mehr als Schutz auf Zeit sondern als Möglichkeit zur dauerhaften Einwanderung gesehen wird
  • sich Deutschland auch für mutmaßlich Verfolgte anderer Kontinente verantwortlich fühlt
  • sie von der eigenen Forderung nach Asylzentren außerhalb Europas abrückt
  • sie die negativen Asylentscheidungen der deutschen Gerichte nicht akzeptiert

All das würde dazu führen, dass die AfD den Diskurs selbst wieder weiter nach links verschiebt. Sichert sieht das gegenüber Info-DIREKT freilich anders. Aus seiner Sicht sei seine Positionierung nicht nur vom Parteiprogramm gedeckt, sondern würde auch von seinen Bundestagskollegen mitgetragen, was sich an deren „deutlichem Applaus“ zu seiner Asylrede ablesen lasse.

Echte „Flüchtlinge“ als Bereicherung für Deutschland

Von persönlichen Gefühlen getragen ist auch diese Stellungnahme Sicherts gegenüber Info-DIREKT:

„Wirklich verfolgte Menschen sind nicht das Problem in der Migrationspolitik, denn die sind bestrebt, nicht aufzufallen, sich anzupassen und dankbar, weil sie eine neue Heimat gefunden haben und aus ihrer alten entkommen sind. Wirklich Verfolgte sind in der Regel eine tatsächliche Bereicherung für ein Land, weil sie sich integrieren und bestrebt sind, sich in ihrer neuen Heimat eine dauerhafte Zukunft aufzubauen. Viele Jesiden sind inzwischen in Deutschland als Fachkräfte tätig.“

Katrin Göring-Eckhardt von den Grünen hätte das nicht „schöner“ sagen können.

Jesiden neigen zu Parallelstrukturen

Unsere Kollegen vom „Heimatkurier“ haben sich Sicherts Behauptung anhand von Kriminalstatistiken überprüft und festgestellt, dass Jesiden in Deutschland mehr oder weniger genau so schlecht integriert sind, wie andere Migranten aus dem arabischen Raum. In offiziellen Dokumenten heißt es, dass auch Jesiden zur „Herausbildung abgeschotteter familiärer Großverbände neigen“. Die Rede ist auch von Ehrenmorden, Zwangsehen und Clankriminalität. Sichert sieht das anders. Für ihn ist die „jesidische Religion und Kultur ausgesprochen friedfertig“ und „der christlich-abendländischen Kultur sehr nahe“. Er sei zudem bereits mit zahlreichen jesidischen Gemeinden in Deutschland in Kontakt gekommen. „Praktisch alle“ Jesiden, die er dort getroffen habe, wären berufstätig gewesen oder würden dies anstreben.

Jesiden wollen Jesiden bleiben

Verwunderlich ist die Neigung zu Parallelstrukturen bei einem Volk ohne eigenen Staat nicht. So schreibt ein striktes Endogamiegebot Jesiden vor, dass diese nur innerhalb ihrer Gemeinschaft und ihrer Kaste heiraten sollen. Die Regelung diene dazu, um die eigene Volksgruppe in der Diaspora erhalten zu können, soll Mir Tahsin Saied Beg, Oberhaupt der Jesiden, gemäß Wikipedia in einem Interview einmal gesagt haben.

Das mag verständlich sein, die Frage ist jedoch, ob man solch fremde Strukturen in der eigenen Heimat haben will? Sichert dürfte kein Problem damit haben. Bei der bereits erwähnten Demo appellierte Sichert sogar an die „jesidische Gemeinschaft“, diese müsse zusammenstehen, um „Abschiebungen zu verhindern.“

Selbst, wenn die Jesiden so problemlos wären, wie Sichert das behauptet, würden sie völlig zu Recht als Volk, als jesidische Gemeinschaft, weiterbestehen wollen. Teil des deutschen Staatsvolkes würden sie also per deutschem Pass über Generationen hinweg nur auf dem Papier werden. Ihre eigene ethnische und kulturelle Identität würden sie, so wie die vielen anderen Menschen aus dem arabischen Raum, beibehalten. Genau diese Tatsache hat u.a. dazu geführt, dass man sich in deutschen Städten als Einheimischer fremd im eigenen Land fühlt.

Sicherts Motivation

Weshalb sich Bundesabgeordneter Martin Sichert vom AfD-Landesverband Bayern so für Jesiden einsetzt, ist leicht erklärt. Zum einen dürfte er in den Jesiden einen Verbündeten im Kampf gegen den Islam sehen (mehr dazu hier). Zum anderen ist er mit der Jesiden Ronai Chaker verheiratet. Gegenüber Info-DIREKT gibt Sichert an, dass er durch seine Frau tiefe Einblicke in die Kultur der Jesiden erhalten habe. Kennengelernt hätten sich die beiden über gleiche politische Ansichten:

„Wir waren, bevor wir uns kennenlernten, beide schon lange öffentlich gegen politischen Extremismus aktiv und haben uns für wirklich Verfolgte und die Schwächsten der Gesellschaft eingesetzt.“

Sicherts Frau ist sogar so politisch aktiv, dass sie Ende November in die AfD eintreten wollten. Die AfD-Niedersachsen hat ihren Antrag aber abgelehnt. Verwunderlich ist das nicht, da sich Chaker in den sozialen Medien immer wieder im Ton vergreift, wenn sie kritisiert wird. Dabei wirft sie auch mit linken Kampfbegriffen um sich. Zudem lobbyiert sie verständlicherweise für ihre jesidischen Landsleute.

Auf „X“ behauptete Martin Sichert übrigens, dass es sich bei der Ablehnung seiner Frau um einen „parteiinternen Kommunikationsfehler“ handle, „der gerade geklärt“ werde. Von der AfD-Niedersachsen konnte Info-DIREKT erfahren, dass es keinen Kommunikationsfehler gab, sondern es eine bewusste Entscheidung war, Chaker nicht in die Partei aufzunehmen. Es wird daher vermutet, dass Sichert versuchen könnte, seine Frau in einem anderen Landesverband unterzubringen.

Feindbild Islam

Auch in einem anderen Fall scheint Sichert mittlerweile die Nerven zu verlieren. Der Grund dafür: Viele Patrioten lehnen zwar die Islamisierung Deutschlands ab, weigern sich aber, den türkischen Präsidenten Erdogán zu verteufeln. Zum einen, weil am schlechten Zustand Deutschlands nicht die türkische Regierung, sondern Deutschlands Innenpolitik schuld ist. Zum anderen, weil Erdogán bei geopolitischen Herausforderungen ein Partner sein kann. Beispielsweise, wenn es darum geht, Fluchtrouten zu schließen, die Remigration zu organisieren oder Deutschlands Energieversorgung sicherzustellen. Sichert will all das nicht wahrhaben. Auf „X“ beschimpft er deshalb seine Kritiker faktenwidrig als „Islamistenkuschler“ und richtet ihnen aus:

„Wer den Islam verharmlost, ist kein Patriot, sondern ein Idiot.“

Natürlich wird es innerhalb des patriotischen Lagers und auch innerhalb der AfD immer unterschiedliche Standpunkte geben. Zumindest als Bundestagsabgeordneter sollte man jedoch darauf verzichten, mit Schimpfwörtern um sich zu schmeißen – insbesondere gegen Leute aus dem eigenen Lager.

Die Jesiden

Die Jesiden sind eine ethnisch-religiöse Gemeinschaft. Sie leben hauptsächlich im Nord-Irak, mit bedeutenden Gemeinschaften in Syrien, der Türkei, Armenien, Georgien und in der Diaspora, insbesondere in Deutschland, wo sich verschiedenen Schätzungen zufolge 100.000 bis 200.000 aufhalten sollen. Der Jesidismus ist eine monotheistische Religion, die Elemente aus unterschiedlichen Glaubensrichtungen vereint. Es gibt etwa eine Million Jesiden. Hauptsächlich sprechen diese Kurmandschi, einen Dialekt der
kurdischen Sprache.

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